Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. 8& 123. 485 
Stimmen nicht Stimmen der einzelnen Bevollmächtigten, sondern 
der Mitglieder des Bundes sind, so darf die Gesamtheit der zu- 
ständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werden , Es besteht 
keinerlei Pflicht zur Ausübung des Stimmrechtes®,. 
Die Vertretung im Bundesrat geschieht durch instruierte 
Bevollmächtigte. Die Ernennung und Instruktion derselben 
geht von der Regierung, d.h. in den monarchisch regierten Staaten 
vom Monarchen, in den Freien Städten von den Senaten, in Elsaß- 
Lothringen vom dem kaiserlichen Statthaltere aus. Da Monarchen 
und Senate dabei als Vertreter ihrer Staaten handeln, so sind für 
die näheren Modalitäten der Instruktionserteilung die Vorschriften 
des Landesrechtes über Regierungshandlungen maßgebend. Die- 
selben kommen namentlich in Betracht hinsichtlich der Vorbera- 
tung der Instruktionen im Ministerium, der Kontrasignatur der- 
selben ®, der Delegation des Instruktionsrechtes an das Ministerium. 
(Ein Anspruch der Landtage auf Beteiligung an der Ausübung 
es Rechts der Regierung auf Ernennung und Instruierung der 
Bundesratsbevollmächtigten ist in den Reichsgesetzen nicht be- 
gründet, darf auch durch Landesgesetz nicht zugelassen werden. 
Ein Landesgesetz, welches dem Landtage die Wahl der Bundes- 
ratsvertreter überträgt oder die Instruktion an die Genehmigung 
des Landtags bindet, wäre dem Reiche gegenüber ohne rechtliche 
Nebenbevollmächtigten sind die Substitutionsbevollmächtigten, d.h. Bundes- 
ratsmitglieder, welche von anderen Bundesratsmitgliedern persön- 
lich zur Führung der Stimme der letzteren in einzelnen Fällen bevoll- 
mächtigt worden sind. Der Unterschied ist übersehen von Arndt, StB des 
Deutschen Reichs 93, dagegen erkannt von Perels a. a. O. 264 N. 1 sowie 
DLitZ 1911 1776, ferner von Schoenborn, ZtschfPol 7 304, und näher er- 
örtert von Vogels im ArchÖffR 27 69 ff. Vgl. auch Vogels, Die staatsrecht- 
liche Stellung der Bundesratsbevollmächtigten ‚1511 und Pohl, Der Bundes- 
ratsbevollmächtigte im Reichstage, Zitelmann-Festschrift von 1913 4, 5. 
? RVerf Art. 6. 
8 Dies ergibt sich schon aus der Bestimmung in Art.7 der RVerf über 
nichtvertretene Stimmen. Übereinstimmend: Laband, StR 1 $ 28 S. 219, 
im HbOfR 44 und Seydel im Jahrb. 280. — Anderer Ansicht: Zorn, StR 
1 157; Herwegen, RVerf und Bundesrat 44, 45. 
e Vgl. unten $ 138 S. 545, $ 139 S. 550. 
% Eine solche ist selbstverständlich erforderlich, wenn die Erteilung der 
Instruktion durch eine unmittelbare Verfügung des Monarchen erfolgt. och 
wird dies nur selten der Fall sein, vielmehr wird regelmäßig die Mitteilung 
der Instruktion durch einen Ministerialerlaß geschehen, der auf Grund eines 
Vortrages an den Monarchen ergeht. [Daß der betreffende Minister für 
diesen seinen „Erlaß“ ebenso wie für den voraufgehenden „Vortrag“ dem 
Monarchen wie dem Landtage gegenüber verantwortlich ist, und zwar, je 
nach Lage der einschlägigen landesstaatsrechtlichen Normen, nicht nur 
olitisch, sondern auch rechtlich, ist nicht unbestritten — vgl. unten 
N 106 — aber nicht zu bezweifeln. Vgl. Laband, StR 1 99 ff.; Dambitsch, 
V 244 ff. Letzterer behauptet (245, 246) ganz grundlos und im Widerspruch 
mit den Prinzipien des Landesstaatsrechts über die Ministerverantwortlich- 
keit (oben 8 84 8.276 ff.), daß die Minister nur für die Rechtsgültigkeit, nicht 
auch die Zweckmäßigkeit der Bundesratsinstruktionen verantwortlich 
eien.
	        
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