Einleitung. $ 11. 39
1. unmittelbar durch Rechtssatz. Auf einem solchen be-
ruhen stets diejenigen Rechte, welche allen Staatsangehörigen oder
ganzen Klassen von Personen zustehen. Aber auch die Rechte
einzelner Individuen (z. B. das Recht auf die Thronfolge, auf einen
Sitz in der ersten Kammer) können unmittelbar durch Rechtssatz
begründet sein. Es erzeugen aber nicht alle Rechtssätze des Öffent-
lichen Rechtes subjektive Rechte, und auch, so weit diese Rechts-
sätze dem einzelnen zugute kommen, liegen vielfach nur Reflex-
wirkungen des objektiven Rechtes vor. Allgemeine gesetzgeberische
Prinzipien, welche in der Verfassungsurkunde ausgesprochen
werden, begründen keine subjektiven Rechte?;
2. durch Verfügungen staatlicher Organe;
3. durch Wahlen der Staatsangehörigen.
Der Besitz ist keine allgemeine Quelle öffentlicher
Rechte®?. Auch der Besitz einer obrigkeitlichen Gewalt gibt an
und für sich kein Recht zur Ausübung derselben. Wenn er nicht
auf rechtmäßige Weise erworben ist, so haben die obersten Staats-
organe die Pflicht, den unrechtmäßigen Besitzer außer Besitz zu
setzen. Nur in bezug auf die höchste Gewalt selbst entscheidet,
da es an einem höheren regulierenden Organe fehlt, lediglich die
Tatsache des Besitzes!®. Auch die Verjährung (Ersitzung) ist
im allgemeinen keine Entstehungsart staatsrechtlicher Befugnisse.
Als ein dem Privatrecht spezifisch eigentümliches Institut darf sie
nicht analog auf das Staatsrecht übertragen werden. Nur da,
wo eine besondere gesetzliche Vorschrift ausnahmsweise die Ver-
jährung als Entstehungsgrund öffentlicher Rechte zuläßt, kommt
dieselbe als solcher in Betracht. Die Unvordenklichkeit,
welche nach der Ansicht vieler Schriftsteller eine Vermutung für
Ans.: Laband, StR. 2 188 ff.; Loening, V.R. 245 fl.; v. Stengel, Organisation
der preußischen Yerwaltung 28, 40, V.R. 40, 43, 186; v. Kirchenheim, Lehr-
buch d. deutsch. StR, 144; Jellinek, System 67 ff. Aber die Akte, auf welche
diese sich berufen, z. B. die Anstellung der Beamten und die Verleihung
der Staatsangehörigkeit, sind nicht als Verträge anzusehen. Die von Loening
a. a. OÖ. 246 N. 1 erwähnten Verträge mit der katholischen Kirche, den
Standesherren usw. sind, wie er Selbst bemerkt, und auch in diesem Werke
72 bemerkt ist, nur auf Grund eines Gesetzes zulässig, beruhen also in
Ihrem eigentlichen Geltungsgrunde doch auf einer eingeitigen Anordnung
des Staates. O. Mayer, Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrage,
Arch.Öff.R. 8 1ff.; V.R. 1 98 N 5; 137 N. 3 gebraucht zwar den Ausdruck
„öffentlich-rechtlicher Vertrag“, versteht darunter aber Verwaltungsakte,
welche auf Grund der Einwilligung des davon Betroffenen erfolgen, stimmt
also materiell mit der hier vertretenen Auffassung überein.
8 Jellinek, System 67 ff. Anschütz, Gegenwärt. Theorien (2. A.) 5Lff.,
in der Enzyklop. 89, und Komm. 94, 95.
% Dies behauptet Zöpfl, St.R. 1 ($ 75) 144.
ı0 Vgl. die Auseinandersetzungen in $ 7 S. 25f.
ıı Dantscher v. Kollesberg a. a. O. Lief. 8 53ff.; F. Wielandt, Recht-
sprechung des badischen Verwaltungsgerichtshofes (1891) 108 ff.; Kormann,
nn.D.R. (1912) 120 f., 127. Einige Fälle von Verjährung erwähnen Loening,
V.R. 17 N. 1 und Dantscher v. Kollesberg a. a. O. 58 &