518 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 138.
suchungshaft, sowie für die Verhaftung wegen Schulden. Die
Voraussetzung besteht nicht, wenn der betreffende Abgeordnete
bei Ausübung der Tat!? oder im Laufe des nächstfolgenden Tages
ergriffen wird. In diesem Falle erscheint auch eine nachträgliche
Genehmigung des Reichstages nicht erforderlich!?, es steht
letzterem nur auf Grund der weiteren Bestimmung (Art. 31 Abs. 3)
die Befugnis zu, die Aufhebung der Untersuchung oder der Haft
zu verlangen. Das Privileg ist auf die Zeit der Sitzungsperiode
beschränkt, es beginnt mit der Eröffnung und endet mit der
Schließungg des Reichstages, dauert also auch während der Zeit
der Vertagung fort!*. Über Erteilung oder Verweigerung der
Genehmigung entscheidet in beiden Fällen lediglich das Er-
messen des Reichstages!. Während der Zeit, in welcher eine
Strafverfolgung nicht stattfinden kann, ruht die Verjährung,
ebenso während des Verfahrens, das eingeleitet wird, um eine
Entscheidung über die Zulässigkeit der Verfolgung herbeizu-
führen !$,
Die Bestimmung, nach welcher der Reichstag die Aufhebung
einer Haft verlangen kann, ist durch den ausdrücklichen Aus-
spruch der Verfassung lediglich auf die Fälle der Untersuchungs-
und Zivilhaft beschränkt worden, bezieht sich also nicht auf den
12 Über den Begriff der Ausübung der Tat vgl. Fuld, a. a. O. 549 ff.;
Cleß, Der Fall Dietz (Gerichtssaal 35 61 fl.).
13 Dies behaupten Thudiehum, VR 202; Aucrbach zu Art. 1 Nr. 1];
v. Rönne, StRDR 1 276. — Übereinstimmend: v. Sarwey, Württemberg.
StR 2 212, der übrigens N. 9 G. Meyer irrtümlich als Vertreter der ent-
egengesetzten Ansicht zitiert; Fuld, a. a. O. 551; H. Schulze, Preuß. StR
$ 160; \Weismann in der ZfStrRW 9 420; Zorn, StR 1 233; Arndt, Komm.
zu Art. 31 Nr. 4; Sonntag, a. a. 0. 63 ff.
8 Der Vollzug der im Namen des Kaisers vom Reichskanzler im Reichs-
tage verkündeten Schließungsverfügung durch den Reichstagspräsidenten,
insbesondere die übliche Aufforderung des letzteren an die Abgeordneten,
ein Hoch auf den Kaiser auszubringen, sowie dieser Huldigungsakt selbst,
liegt noch innerhalb der Sitzungsperiode, das demonstrative Sitzenbleiben
beim Kaiserhoch also innerhalb der zeitlichen Grenzen der Immunität. Ein
Präzedenzfall ereignete sich bei dem Reichstagsschluß im Mai 1914; vgl.
darüber (übereinstimmend mit vorstehender Auffassung) Arndt, DJZ 19 814;
Lucas daselbst 849 ff.
14 “T'hudichum, VR 203; Seydel, Komm. zu Art.31 Nr. 11; Laband, StR
1358, Kl. A. 85 N. 3; Seydel, Komm, 213, 214; v. Rönne, StRDR 1
278; v. Sarwey, Württemb. StR 2 221; Seidler, Immunität 99 ff.; Zorn,
Komm. zu Art. 31 Nr. 3; Arndt, Komm. zu Art. 31 Nr. 1; Sonntag, a. a. O.
39 fl.; Proebst zu Art. 31 Nr. 2. Berichte der Geschäftsordnungskommission
des Reichstages vom 7. Juni 1833 (Sten. Ber. Bd. VI 1:37.) und 5. März
1855 (Sten. Ber. Bd. VI 1041ff.). Vgl. auch die Verhandlungen des Reichs-
taxes in der Sitzung vom 19. Jan. 1391 (Sten. Ber. 1041 ff.); IiGStr 22 379 f£
— &. A.: Binding, HDStrR 1 680 N. 22; Frehse im ArchStrR 32 361 ff.;
Fuld im ArchÖfR 4 347; Grenzboten Jahrgang 50, erstes Vierteljahr 337 f.
iR Übereinstimmend: Seydel, Ann, 353; v. Sarwey, Württ. StR ? 210;
Zorn, StR 1 234.
18 RG betr. die Abänderung des 3 69 des RStrGB, vom 25. März 1893.