Die Organe. $ 133. 519
der Strafhaft bzw. Verhaftung zum Zwecke der Strafvollstreckung'”.
Aber auch die Vorschrift über die Notwendigkeit der Zustimmung
des Reichstages zu Verhaftungen findet auf solche, welche erfolgen,
um einen Abgeordneten eine rechtskräftig erkannte Strafe ab-
büßen zu lassen, keine Anwendung!®. [Ebensowenig bezieht sich
Art. 3l RV auf die zwangsweise Vorführung zur Hauptverhand-
ungh,
Von der Zeugnispflicht sind die Mitglieder des
Reichstags nicht befreit, ebensowenig von der Pflicht, sich in
Strafprozessen gegen Dritte einer Beschlagnahme oder Durch-
suchung zu unterwerfeni. Die Erfüllung der Zeugnispflicht kann
mit den gesetzlichen Mitteln erzwungen werdenk.] Die Ver-
nehmung der Reichstagsmitglieder als Zeugen oder Sachverstän-
dige außerhalb des Sitzes des Reichstages ist während der Sitzungs-
periode nur mit Zustimmung des Reichstages gestattet ’®?.
[5. Die aus der Reichstagsmitgliedschaft entspringenden
Pflichten waren nach dem bis 1906 geltenden Recht unentgeltlich
zu erfüllen. Art. 32 RV bestimmte: „Die Mitglieder des Reichs-
tages dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung be-
ziehen.“ Durch das Gesetz vom 31. Mai 1900 hat dieser Grund-
satz jedoch eine Einschränkung erfahren. Der genannte Artikel
1! Dies ist vom Reichstage selbst in der Sitzung vom 21. Nov. 1874
anerkannt worden (Sten. Ber. Bd. I 244). V gl. Thudichum, VR 203; Auer-
bach zu Art. 31 ad. 3; Seydel, Komm. zu Art.31 N. III, Ann. 356; Laband,
StR a. a. O. 358; v. Rönne, a. a. O. 277; v. Sarwey, Württ. StR 9 209;
Fuld im Gerichtssaal 552ff ; H.Schulze, Preuß. StR $ 160; Braun und Weber,
Hess. Verf- und VerwR 1 29; Arndt, Komm. zu Art. 31 Nr. 7, 8 und
RStR 142; Sonntag, a. a. O. 59 ff.; Dambitsch, a. a. O. 471, 472. Vgl. auch
oben $ 105 S. 378 N. 28.
18 Dies ergibt sich: 1. aus der Verbindung der Worte „zur Unter-
suchung gezogen oder verhaftet“, 2. aus der Hinzufügung der Ausnahme
„wenn es bei Ausübung der Tat oder im Laufe des nächstfolgenden Tages
ergriffen wird“, welche für eine Strafhaft durchaus nicht passen würde,
3. aus dem Umstande, daß dem Reichstag nach Abs. 3 des Art. 31 die Be-
fugnis nicht zusteht, die Suspeusion einer Strafhaft zu fordern, was einen
Rückschluß auf die Absicht der Vorschriften des Abs. 1 deshalb gestattet,
weil beide Bestimmungen den Charakter von Korrelaten haben, 4. aus dem
Zweck des Privilegs, welcher nur der ist, die Abgeordneten vor tendenziöser
Verfolgung zu sichern, nicht aber sie dem ordentlichen Laufe der Justiz zu
entziehen, 5. aus der Entstehungsgeschichte des Art. 31. — Vgl. den Bericht
des Abgeordneten Dr. Harnier in der Sitzung vom 16. Dez. 1874 (Sten. Ber.
Bd. II 725 ff); Laband, StRa.a.0.358; Poezl, Bayr. VerfR 3 237; Seydel,
Ann. 353 ff, Komm. zu Art.31 Nr.Ill; v. Sarwey a.a.0.; Fuld im Gerichts-
saal 544 ff., im ArchÖffR 348; Proebst, a.a.0. Nr.3; H. Schulze, Preuß. StR,
160; Seidler, Immunität 106 N. 1; Braun und Weber a.a.0.; Zorn, a.2.0.
33; Sonntag, a. a. OÖ. 59 ff.; Arndt, RStR 142 und Komm. 160; Dambitsch,
a. 2. O. 471, 472. Zweifelhaft äußert sich v. Rönne, a. a. O. 277 ff.
h Vgl. oben $ 105 S. 378 Anm, f.
i Es gilt hierfür alles, was oben 374, 375 über die rechtliche Stellung
der Landtagsmitglieder gesagt ist.
k Vgl. oben $ 105 S. 375 und Anm. d.
ı# ZPO SS 382 und 402, StPO 88 49 und 72. MilStr&GO $$ 207, 208.