Die Organe. $ 138. 521
unter Staatsaufsicht stehende Körperschaft oder Anstalt des öffent-
lichen Rechts einen Verstoß gegen Art. 32, so sind die nach den
Landesgesetzen zuständigen Aufsichtsinstanzen P verpflichtet, hier-
gegen einzuschreiten; entstehendenfalls ist es Sache der Reichs-
aufsicht über die Einzelstaatena, auf die Erfüllung dieser Pflicht
zu dringen.
An die Seite des bisher besprochenen Verbotes stellt Art. 32
RV eine Gewährung: „Sie (die Mitglieder des Reichstags) erhalten
eine Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes.“ Das hiermit in
Aussicht gestellte Gesetz erging am gleichen Tage wie die Ab-
änderung des Art. 32: RG betr. die Gewährung einer Entschädi-
gung an die Mitglieder des Reichstages, vom 21. Mai 1906. Es
gewährt den Reichstagsmitgliedern: a) für die Dauer der Sitzungs-
periode sowie acht Tage vor dem Beginn und acht Tage nach
em Schluß freie Fahrt auf den deutschen Eisenbahnen; b) eine
als „Aufwandsentschädigung“ r bezeichnete jährliche Zuwendung
von 3000 Mk., die am 1. Dezember mit 200 Mk., am 1. Januar
mit 300 Mk., am 1. Februar mit 400 Mk., am 1. März mit 500 Mk,
am 1. April mit 600 Mk. und am Tage der Vertagung oder
Schließung des Reichstags mit 1000 Mk. zahlbar wirds. Für jeden
Tag, an dem ein Mitglied des Reichstag der Plenarsitzung fern-
geblieben ist, wird von der nächstfälligen Entschädigungsrate ein
Betrag von 20 Mk, in Abzug gebracht. Die Anwesenheit kann
nur dadurch nachgewiesen werden, daß der Abgeordnete sich
während der Dauer der Sitzung in eine Anwesenheitsliste einträgtt.
Der Reichstagsabgeordnete darf in seiner Eigenschaft als Mitglied
einer andern politischen Körperschaft (insbesondere eines Land-
tags), wenn beide Körperschaften gleichzeitig versammelt sind, nur
für diejenigen Tage Vergütung beziehen, für welche ihm auf Grund
des Gesetzes ein Abzug von der Entschädigung gemacht istu. Ein
Verzicht auf die Aufwandsentschädigung ist unzulässig. Der An-
spruch auf die Entschädigung ist nicht übertragbar, also auch
nicht pfändbarv. Verstirbt der Abgeordnete, so geht der Anspruch
auf die bereits fälligen Entschädigungsraten auf die Erben über,
die Zuwendung nicht zurückfordern. Nach ALRI16 $$ 172, 173 würde dem
preußischen Fiskus das Recht zustehen, sie dem Empfänger als einen ver-
otenen Gewinn zu „entreißen“. Diese „condictio fisei“ ist aber vom BGB
nicht aufgenommen, mithin aufgehoben. So die herrschende Meinung:
Laband, 1 (4. Aufl.) 336; Arndt, StR 144 Anm. 3; Buchka, DJZ 6 241;
Kollenscher, das. 5 274. A. M. Dambitsch, a. a. O. 479. Schon vor dem
Inkrafttreten des BGB wurden Bedenken gegen die Fortgeltung der $$ 172,
173 I 16 ALR erhoben: so von G. Meyer ın der Voraufl. $ 133 N. 25.
p Vgl. oben $ 114 S. 488.
q ne unten $ 212.
r Über den Sinn dieses Ausdrucks: Hatschek. Parlamentsrecht 1614 f.
s G. vom 21. Mai 1906, $ 1. Vgl. auch $ 3.
tA.2.0.88 2, 4.
u
z
6.
8. Vgl. Laband 1 363.