Die Organe. $ 139. 549
jetzt, seit der Verfassungsreform von 1911, des Landtags. Die
vollziehende Gewalt steht dem Kaiser allein zu, findet aber ihre
Schranke an den Gesetzen und dem Budgetrecht des Landtags. Die
richterliche Gewalt ist, wie überall sonst in Deutschland, von der
vollziehenden unabhängig und nur .der gesetzgebenden unter-
worfen.
Die Regierung des Reichslandes wird in unmittelbarer Unter-
ordnung unter den Kaiser geleitet von dem Kaiserlichen
Statthalterb, der insofern, wie das Gesetz (VG 8 2 Abs. 1)
gagt, „an der Spitze der Landesregierung steht“. Der Statthalter
ist eine gesetzlich notwendige Einrichtung“. Er wird vom Kaiser
ernannt und entlassen, und zwar, wie das Gesetz (VG 8 2 Abs. 1)
vorschreibt „unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers“. Diese
Vorschrift besagt zunächst, daß der Kaiserliche Erlaß, durch den
der Statthalter ernannt bzw. abberufen wird, einen Akt der
Reichs-, nicht der elsaß-lothringischen Landesregierung darstellt
(Verantwortlichkeit des Reichskanzlers gegenüber dem Reichstag!) ;
sie soll sodann, wie aus der Begründung des Gesetzes zu entnehmen,
weiterhin bedeuten, daß der Statthalter Reichsbeamter, nicht elsaß-
lothringischer Landesbeamter istd. Die Entlassung kann, wie beim
Reichskanzler und den Staatssekretären, auch ohne eingetretene
Dienstunfähigkeit erteilt und vom Statthalter gefordert werden.
Der Statthalter residiert in Straßburg (VG $ 2 Abs. 5).
Der Wirkungskreis des Statthalters setzt sich aus zwei Reihen
von Funktionen zusammen: ]. solche Funktionen, die ihm un-
mittelbar durch das Gesetz aufgetragen sind; 2, solche die ihm
vom Kaiser aufgetragen werden können. Die erste Reihe umfaßt
vor allem die ministeriellen Befugnisse und Öbliegenheiten
des Statthalters, d. h. diejenigen, die vor dem Inkrafttreten des
Gesetzes tiber die Verfassung und Verwaltung Elsaß-Lothringens
vom 4. Juli 1879 (oben 544) dem Reichskanzler in elsaß-loth-
ringischen Landesangelegenheiten überwiesen warene: an der
Spitze das Recht, die in diesen Angelegenheiten ergehenden kaiser-
lichen Anordnungen verantwortlich gegenzuzeichnen. In dieser
b Laband 2 244ff.; Bruck 1 126 ff.; Fischbach 44 ff.; O. Mayer, Art.
Statthalter im WStVR: Rehm, Das Reichsland 17 f£.; Nelte im ArchÖfR
27 1f.,138 ff.; Vogels, DJZ 16 980 ff.; Wegrich, Die staatsrechtliche Stellung
ea Btatthaltore ın Elsaß - Lothringen und des Staatssekretärs (Straßburger
B8,, )
c Dies war vor dem VG bestritten (vgl. die Voraufl. $ 139 N. 3), steht
aber jetzt, angesichts des Gesetzeswortlautes ($ 2 Abs. 1: „An der Spitze
der Landesregierung steht ein Statthalter“) außer allem Zweifel. erein-
stimmend Laband, O. Mayer, Fischbach.
4 Begr. S. 9: „Er (der Statthalter) ist nicht Landesbeamter von Elsaß-
Lothringen, sondern Reichsbeamter, obgleich er seine Bezüge aus der Landes-
kasse erhält, Seine Rechtsverhältnisse sind deshalb nicht durch LG, sondern
durch RG geregelt.“ Demungeachtet erklärt Rehm a. a. O. 12 den Statt-
balter für einen Landesbeamten.
e VG 8 2 Abs. 2.