Einleitung. $ 13, 45
Die staatsrechtlichen Staatenverbindungen scheiden sich nach
der Struktur der Verbindung in Staatenstaaten im engeren
Sinne (auch „Suzeränetätsverhältnisse* genannt)g und Bundes-
staaten. Beim Staatenstaat im engeren Sinne ist die Struktur
des Verbandes eine herrschaftliche (Herrschaftsverband), beim
Bundesstaat dagegen eine genossenschaftliche (Genossenschafts-
verband, Staatenkorporation). Die Verschiedenheit kommt darin
zum Ausdruck, daß beim Staatenstaat im engeren Sinne einer der
verbundenen Staaten (der Suzerän) als Alleinträger der die andern
beherrschenden Verbandsgewalt erscheint, (Beispiel: das Verhältnis
der Türkei zu ihren Vasallenstaaten), während die Gewalt des
Bundesstaates in der korporativen Gesamtheit der verbundenen
Staaten ruht, sodaß jeder dieser Staaten zugleich Beherrschter und
Mitherrscher, Untertan und Mitglied der Gesamtheit ist. Der
Bundesstaat ist nicht sowohl eine Verbindung als eine Verbündung
von Staaten, ein Staat, der zugleich ein Bund ist. Der
Staatenbund ist nur ein Bund, nicht auch ein Staat. Staatenbund
und Bundesstaat faßt man zusammen als „Bundesverhältnisse“.]
2. Die Bundesverhältnisse.
a) Der Staatenbund.
8 13.
[Staatenbund ist die auf Vertrag beruhende, in diesem
Sinne und nach ihrer rechtlichen Natur vertragsmäßige, organi-
sierte Verbindung souveräner Staaten zur gemeinsamen Wahr-
nehmung bestimmter politischer (auf dem Gebiete des staatlichen
Machtzwecks liegender) Interessen der Verbundenen, insbesondere
zum Schutze des Bundesgebietes nach außen und zur Bewahrung
des Friedens innerhalb desselbena. Ein Begriff, abgezogen vor-
nehmlich von den Staatenvereinigungen, welche früher in Nord-
amerika (1776—1787), der Schweiz (1815—1848) und in Deutsch-
land .(1815— 1866). durchweg als Vorstufe der heutigen, bundes-
staatlichen, Einigung bestanden b,
8 Jellinek, Staatenverbindungen 137 ff., Staatsl. 748 ff.; Lorenz im Hand-
wörterb. a. a. O. 7 724, 725; Anschütz, Enzyklop. 14, 16; Boghitchevitch,
Halbsouveränetät (1903) 85 ff.; Hatschek, Allgem. Staatsr. 3 15, 16.
a Die Vorauflage definierte: „Staatenbund ist dasjenige Bundesverhält-
nis, in welchem der Bundesgewalt eine Herrschaft nur über die einzelnen
Staaten zusteht.“ Diese Begriffsbestimmung konnte aus den in Anm. f zum
vorigen $ angegebenen Gründen nicht beibehalten werden. Von einer
Herrschaft der „Bundesgewalt“ über die einzelnen Staaten kann im
Staatenbunde überhaupt nicht die Rede sein. Andererseits ist es mit dem
Wesen des Bundesstaates nicht unverträglich, daß die Bundesgewalt „Dur
die einzelnen Staaten“, d.h. nicht unmittelbar das Volk beherrscht (Laband,
St.R. 1 59, 78ff). Die im Text gegebene Definition entspricht der heute
herrschenden Meinung.
b Die ausfübrlichste Darstellung der Geschichte des Staatenbunl-
begriffes gibt jetzt Ebers, Die Lehre vom Staatenbunde (1910) 1—258.
Die Lehre von dem Unterschied zwischen Staatenbund und Bundesstaat