Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

46 Einleitung. $& 13. 
Der Staatenbund ist ein bloßes Vertragsverhältnis, 
kein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechtes‘. Er 
war bis zum Jahre 1866 wesentlich beherrscht durch eine Abhandlung von 
Waitz, „Das Wesen des Bundesstaates“, zuerst veröffentlicht in der Kieler 
Allgem. Monatsschrift für Wissensch. und Lit., 1853, 494 ff., dann wieder 
abgedruckt in den Grundzügen der Politik 153. Die Waitzsche Bundes- 
staatstheorie fußt auf A. de Tocqueville, De la democratie en Amerique 
(1835); vgl. v. Seydel, Vorträge 72, 73; O. Mayer, Arch.Of.R. 18 340; Ebers 
2.2.0.100 ff., 109 ff. Über die Waitzsche Theorie: Taband St.R. 1 60 Anm. 2, 
62ff. und — als Beispiel für ihren Einfluß auf die staatsrechtlich-politischen 
Anschauungen der Zeit vor 1866: v. Treitschke, Bundesstaat und Einheits- 
staat in den histor. u. pol. Aufsätzen 3 (6. A.) 109f. Die Abkehr von 
Tocqueville-Waitz seit 1866/71 bedeutet vor allem eine Verselbständi 
der deutschen Theorie über Staatenbund und Bundesstaat, eine Befreiun 
von ausländischen Vorbildern und Einflüssen Vgl. auch Anschütz, Bismare 
und die Reichsverfassung (1899) 24. Mag auch diese Befreiung noch keine 
anz vollständige sein — O. Mayer, Arch.Öff.R. 18 369, 372 —, so nimmt 
doch sicher, wie Jellinek, Staatsl. 762 Anm. 1 mit Recht bemerkt, für die 
wissenschaftliche Erfassung von Staatenbund und Bundesstaat die deutsche 
Wissenschaft die führende Stelle ein. Erst seit den Neugestaltungen der 
Jahre 1866'67 und 1870 sind wieder selbständige Bearbeitungen des Gegen- 
standes aufgetreten (Ebers a. a. O. 132 ff.). l. namentlich: G. Meyer, 
Grundzüge des norddeutschen Bundesrechts $ 2 und staatarechtliche Er- 
örterungen 12 ff.: Seydel, Der Bundesstaatsbegriff in der 2.StaatsW. 38 185 ff, 
Abhandlun en (1893) 1 fl.; Kommentar zur Verfassungsurkunde für das 
Deutsche Reich (2. A. 1897) 1fl.; Die neuesten Gestaltungen des Bundes- 
staatsbegriffes, Ann.D.R. (1876) 641 ff.; Abhandlungen 101; Vorträge aus dem 
allg. StR. 7ı1tf.; A. Haenel, Vertra mäßige Elemente (1 der Studien zum 
deutschen Staatsrecht) 31 ff. und Zur Kritik der Begriffsbestimmung des 
Bundesstaates, Ann.D.R. (1877) 78 ff.; S. Brie, Der Bundesstaat, Abt, 1 (1874), 
Zur Lehre von den Staatenverbindungen, Grünhuts2. 11 85 ff.: Theorie der 
Staatenverbindungen (1886); Laband, St.R. 1 55, Kl.A. 15 fl.; Zorn, StR. 1 
46 ff.; Streitfragen des deutschen Staatsrechtes in der Z, StaatsW. 87 292 ft. 
und Neue Beiträge zur Lehre vom Bundesstaat, in Ann.D.R. (1884) 453 ff. ; 
Liebe, Staatsrechtliche Studien, Heft 1 (1880) und Staatsrechtliche Streit- 
fragen, in Z.StaatsW. 88 624 ff.; Bake, Beschouwingen over den staatenbond 
en den bondsstaat (1881); Jellinek, Lehre von deu Staatenverbindungen (1882); 
Staatsl. 762 ff.; Rosin, Ann.D.R. (1883) 302 ff.; Borel, Etude sur la souveraine 
de l’etat federatif (1886); Trieps, Das Deutsche Reich und die Bundesstaaten 
in ihren rechtlichen Beziehungen (1890); Albert Bushel Hart, Introduction 
to the study of federal goverıment (1891); Westerkamp, Staatenbund und 
Bundesstaat (1892); Le Fur, Etat federal et confederation d’etats (1896); 
deutsche Bearbeitung unter Mitwirkung von P. Posener (1902); P. Kloeppel, 
Dreißig Jahre deutscher Verfassungsgeschichte (1900) 1 26 f.; Robinson, Das 
Wesen des Bundesstaates, Z. Staats\W. 53 609 ff.;, Rehm, Unitarismus und 
Föderalismus in der deutschen Reichsverfassung (1898), Staatsl, 40 ff., 117 ff. 
und Staatsl. (1907) 37 £.; Affolter, Ann.D.R. (1903) 824 f.; Loening, Hand- 
wörterb. 7 724ff.; O. Mayer, Arch.Of.R. 18 337ff.; Anschütz, Enzyklop. 
13 ff., 68; Heilborn das. 5 503; M. Veith, Der rechtliche Einfluß der Kan- 
tone auf die Bundesgewalt nach schweiz. Bundesstaatsrecht (Straßburger 
Diss. 1902); das mehrfach zit. Buch von Ebers; Hatschek, Allgem. Staatar. 
3 40 f.; Hubrich, Handb. d. Pol. 1 84. Weitere Literatur bei Ebers a.a,. 0. 
XIII ff., 132 ff, 
c So die herrschende Meinung. Vgl. besonders Laband, St.R. 1 55, 
Kl. A. 15 fl. und R. v. Mohl, Deutsches Reichsstaatsrecht (1873) 28 ff. 
Ersterer hält den Gegensatz von Staatenbund und Bundesstaat für iden- 
tisch mit dem Gegensatz von Gesellschaft und juristischer Person, 
d.h. von Rechtsverhältnis und Rechtssubjekt. Ihm haben sich
	        
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