Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Einleitung. $ 13. 47 
besitzt keinerlei Herrschaftsrechte über die einzelnen Gliedstasten, 
geschweige denn über deren Angehörige. Als seine Mitglieder 
erscheinen nur die Staaten, nicht deren Angehörige. 
Der Staatenbund hat keine gesetzgebende Gewalt. Er kann 
aber den Inhalt und Wortlaut von Gesetzen feststellen, deren ver- 
bindliche Einführung den Staatsgewalten der Einzelstaaten obliegt. 
Diese Feststellungen haben den Charakter vertragsmäßiger Willens- 
erklärungen. Nicht ausgeschlossen ist, daß der Bund Befugnisse 
auf dem Gebiete der auswärtigen Verwaltung besitzt, denn durch 
die Ausübung derselben tritt er nur in Beziehung zu fremden 
Staaten und übt keine Herrschaft über die Angehörigen der ver- 
bündeten Staaten aus. Dagegen stehen ihm obrigkeitliche Ver- 
waltungsbefugnisse auf dem Gebiete des inneren Staatslebens nicht 
zu, denn diese setzen stets eine direkte Beziehung zu den einzelnen 
Untertanen voraus, was, wie erwähnt, dem völkerrechtlich-vertrags- 
mäßigen Wesen des Staatenbundes durchaus widerspricht. Eine 
Rechtspflege kann er wohl bei Streitigkeiten der Staaten ausüben, 
angeschlossen: Zorn, StR. 1 69 ff.; Jellinek, Staatenverbindungen 178 und 
Staatsl. 762 ff., auch System 806; Anschütz, Enzyklop. 14, 16; Loening, 
Handwörterb. 7 724; Bake a. a. Ö. 78ff.; Rosin, Ann.D.R. (1888) 276 N. 3 
und 302; Mejer, Einleitung 26; Triepel, Interreanum 91; Bornhak, Allg. 
Staatsl. 236 ff, 242 ff.; Hatschek, Allg. Staatsr. 3 40 ff.; Hubrich, Handb. 
Pol. 1 84, auch, wie Laband im Arch.Off.R. 27 342 richtig hervorhebt, Ebers, 
2.2.0.268 ff, 285 ff.,314. Einen vergeblichen Versuch der iderlegung dieser 
herrschenden Lehre unternimmt Kloeppel, Dreißig Jahre deutscher Verfassungs- 
schichte 26 ff., 32ff. Gegen ihn: Anschütz, Histor. Zeitschr. (1901) 324 ff. 
Kloeppel (und außer ihm nur noch Affolter, Ann.D.R. (1903) 829 erklärt den 
Staatenbund für einen Staat. Diese Ansicht ist ganz isoliert geblieben, 
Zahlreichere Vertreter dagegen hat die Theorie, welche den Staatenbund 
zwar nicht als Staatswesen, aber als eine öffentlich-rechtliche Korporation, 
ein korporatives Bechtssubjekt des Staats- und Völkerrechts (so nament- 
lich G. Meyer in der Vorauflage (6. A. 39 ff., 112 ff.) und andern Schriften; 
ferner Haenel, v. Martitz, Brie, Ulbrich, v. Stengel, Rosenberg (Zitate und 
nähere Erörterung bei Ebers a. a. O. 134. 135 ff., 138 ff., 174 ff. 176 ff., 193 £f.) 
oder nur des Völkerrechtes (so insbes. die völkerrechtliche Literatur, yel. 
Ebers 207 fi., außerdem Bake, Gierke, Schulze, vgl. Ebers 161 ff., 163, 206) 
auffassen will. Dancben fehlt es natürlich auch nicht an Versuchen, zwischen 
der herrschenden Lehre (Staatenbund ist Sozietät, Rechtsverhältnis) und der 
Theorie der zuletzt genannten (Staatenbund ist Korporation, Rechtssubjekt) 
zu vermitteln. So will z.B. Rehm, Staatsl. 86 ff. zwischen sozietätsmäßigen 
und korporativen Staatenbünden unterscheiden; den ehemaligen Deutschen 
Bund erklärt er für eine Korporation. Über Rehm vgl. Ebers 200. Auch 
die von Ebers selbst vertretene Auffassung, wonach der Staatenbund eine 
Gemeinschaft zur gesamten Hand darstellen soll (Ebers 303 ff.), ist 
wohl den Vermittlungatheorien zuzuzählen. Doch darf man Ebers, der im 
übrigen den Vertragscharakter des Staatenbundes, die intakte Souveränetät 
der Bundesglieder, das Recht der letzteren zur Sezession aus dem Bunde 
und zur Nullifikation rechtswidriger Bundesbeschlüsse auf das schärfste be- 
tont, keinesfalls zu, den Gegnern der herrschenden Theorie rechnen (vgl die 
oben angeführte Außerung Labands, Arch.Off. R. 27 342.. Beifall hat die 
Eberssche Gesamthandtheorie (die nicht völlig neu ist, vielmehr einen schon 
von Jellinek, Staatel. 765 und Heilborn Enzyklop. 5 503 ausgesprochenen 
Gedanken aufnimmt und ausbaut) bisher nicht gefunden; gegen sie Laband 
a. a. OÖ. und Hubrich, Handb. d. Pol. 1 84 N. 11.
	        
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