578 Zweiter Teil. Zweites Buch. 3 144.
Reiche, zu einem Einzelstaate, oder zu einem Kommunalverbande
(Gemeinde oder höherem Kommunalverbande2) in einem unmittel-
baren beamtenmäßigen Dienstverhältnis steht. Die Frage, welchem
Gemeinwesen — Reich, Staat, Gemeinde — ein Beamter dient,
kann im Einzelfalle zweifelhaft sein; für ihre Beantwortung sind
verschiedene Grundsätze angegeben worden. Vereinzeltb findet
sich die Meinung, daß es auf die Kasse ankomme, aus welcher
der Beamte besoldet wird. Sie hat keinen Beifall gefundene, da
sie einem rechtlich unwesentlichen Moment, der Quelle des Dienst-
einkommens, entscheidende Bedeutung beilegt und überdies bei
unbesoldeten Beamten völlig versagt. Besser begründet ist die
Ansicht, wonach der Beamte zu dem Gemeinwesen gehört, dessen
Amt (Organschaft) er ausübtd: Reichsbeamte sind die, welche
Reichs-, Staatsbeamte die, welche Staats--, Gemeindebeamte die,
welche Gemeindefunktionen wahrnehmen. Doch ist sie nicht
restlos richtig. Es entspricht der Regel, ist aber nicht notwendig,
daß die Organperson, welche die Kompetenz (Gewalt) eines Ge-
a Oben 8$ 111, 115. Den Beamten der Kommunalverbände stehen
gleich die im Dienste anderer Selbstverwaltungsträger (Selbstverwaltungs-
träger oder Selbstverwaltungskörper sind dem Staate untergeordnete und
organisch eingegliederte, gleichwohl ihm gegenüber selbständige, körper-
schaftliche oder anstaltliche Verbände, welche staatliche Funktionen unter
staatlicher Aufsicht pflichtmäßig als ihr Recht ausüben) angestellten Per-
sonen, z. B. die Beamten der Deichverbände, öffentlichen Feuerversicherungs-
anstalten, Versicherungsanstalten der Invaliden- und Hinterbliebenenver-
sicherung, Handels-, Landwirtschafts-, Handwerkskammern usw. Sie bilden
zusammen mit den Kommunalbeamten die Kategorie der im Sprachgebrauch
der preußischen Verwaltungspraxis sogenannten „mittelbaren Staats-
beamten“ (ein irreleitender Ausdruck, da diese Beamten zum Staate nicht in
einem „mittelbaren“, sondern in keinem Dienstverhältnis stehen; vgl. Preuß,
Städt. Ämtsrecht 118 f£., 151). Über diese Kategorie: Brand, BR 23f.;
v. Rheinbaben, DiszG 25ff.; Anschütz, PrV 812, 313, 425 ff. und besonders
Preuß a. a. 0.
b Loening, VR 117 Anm. 2,
ce Gegen sie: v. Seydel, BayStR (2. Aufl.) 2 191 N. 40; Preuß a. a. O.
207; Anschütz a. a. O. 426. Der Offizier des Landheeres ist, obgleich aus
der Reichskasse besoldet, trotzdem nicht Reichsbeamter; die Reichsbank-
beamten sind, weil im Reichsdienst angestellt, Reichsbeamte (RBkG vom
14. März 1875 828), nicht Beamte der juristischen Person „Reichsbank“ (so,
richtig, die Voraufl. 8144 N. 3; Perels und Spilling, RBG 11 und das RGer:
RGZ 15 230, 86 141, 45 123; a. M. Laband 1 404; Zorn, StR 1 299); die
preußischen Volksschullehrer sind nach richtiger, wiewohl bestrittener An-
sicht, oben 8 143 N.5, Staatsbeamte, obgleich ihr Gehalt aus der Gemeinde-
kasse gezahlt wird. — Auf Grund positiver Gesetzesvorschriften ist der
Charakter der Kasse aus welcher der Gehalt bezahlt wird, maßgebend für
die Unterscheidung der elsaß-lothringischen Landesbeamten (oben $$ 138 ft.,
unten 580) und der Kolonialbeamten (oben $ 141a) von den übrigen Reichs-
beamten : elsaß-lothringische Landesbeamte sind Beamte, welche aus Mitteln
des elsaß-lothringischen Landesfiskus (oben 547) Kolonialbeamte solche, die
aus den Fonds eines Schutzgebietes besoldet werden.
d Preuß a. a.0.257: „Der Beamte ist Organ desjenigen Gemeinwesens,
in dessen Kompetenz seine Amtsfunktionen wurzeln“. Ebenso Giese, Der
Beamtencharakter der Direktoren und Oberlehrer .. . (2. Aufl. 1909) 103.