Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 145. 583 
tragung eines Amtes; letztere ist, wenn sie auch (was regelmäßig 
der Fall) &ußerlich in einem Akte mit der Anstellung erfolgt, 
rechtlich doch Gegenstand und Wirkung einer besonderen Staats- 
willenserklärung®. 
Die Anstellung der Staatsbeamten geschieht entweder 
durch den Monarchen oder durch eine von ihm beauftragte 
Staatsbehörde. Nur die Landtagsbeamten werden vom Land- 
tage, bezw. von dem Präsidenten desselben oder der betreffenden 
Kammer angestellt. Präsentationsrechte für Anstellungen bestehen 
nicht mehr!, Ä 
Bei der Anstellung der Reichsbeamten sind Kaiser, 
Bundesrat und Reichstag beteiligt. Der letztere nur insoweit, als 
seinem Präsidenten das Recht der Ernennung der Reichstags- 
beamten zusteht?. Die Anstellung der übrigen Reichsbeamten 
erfolgt formell stets durch den Kaiser oder eine von ihm be- 
auftragte Reichsbehörde®. Auf die materielle Bezeichnung 
der betreffenden Person übt bei einzelnen Stellen der Bundesrat 
oder einer seiner Ausschüsse eine Einwirkung aus. In dieser Be- 
ziehung sind drei Abstufungen zu unterscheiden. Eine bloß be- 
gutachtende Tätigkeit steht dem Bundesratsausschuß für 
Zoll- und Steuerwesen bei der Anstellung der kontrollierenden 
Zoll- und Steuerbeamten und dem Bundesratsausschuß für Handel 
und Verkehr bei der Anstellung der Konsuln zu*. Ein Vor- 
schlagsrecht besitzt der Bundesrat bei Ernennung der Mit- 
glieder des Reichsgerichtes, bei Ernennung des Oberreichsanwaltes 
und der Reichsanwälte, bei Ernennung der Mitglieder des Bundes- 
amtes für Heimatwesen, des Präsidenten und der Mitglieder des 
Reichsbankdirektoriums, des Präsidenten des Reichspatentamtes, 
des Präsidenten und der ständigen Mitglieder des Reichs- 
versicherungsamtes, der Senatspräsidenten und Räte des Reichs- 
militärgerichtes®. Diese Amter kann der Kaiser nicht gegen den 
Willen des Bundesrates besetzen. Aber es besteht auch für ihn 
keine Verpflichtung, die Vorschläge des Bundesrates anzunehmen. 
Für jede Ernennung wird also eine Willenseinigung zwischen 
Kaiser und Bundesrat erfordert. Die Mitglieder des Rechnungs- 
© Laband 1 430; O. Mayer, VR 2 200; Seydel-Piloty, Bay. StR 1 683; 
Anschütz, Enzykl. 149. Jellinek, System 212 meint: „in ihr — der An- 
stellung —- sind notwendig die zwei geschiedenen Elemente: Staatsdiener- 
vertrag und Übertragung eines Amtes Anstellung und Ernennung zu unter- 
scheiden.“ Das ist insofern unzutreffend, als die Übertra ung des Amtes 
nicht „in ihr“ (der Anstellung), sondern selbständig neben fhr steht. 
t Für Anstellungen bei Gerichten sind sie durch RGVG 8 15, für andere 
Anstellungen durch die Landesgesetzgebung aufgehoben. 
2 RBG $ 156. 
8 RV Art. 18, RBG S 1, V. vom 23. Nov. 1874. 
* RV Art. 36, 56. 
» RG über den Unterstützungswohnsitz vom 30. Mai 1908 3 42, RBkG 
vom 14. März 1875 827, RGVG 88 127 und 150, RPatG vom 7. Aprıl 1891 8 13, 
RVersichO vom 19. Juli 1911 & 86, RMilStrGO 8 80.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.