Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

48 Einleitung. $& 14. 
dagegen keine richterlichen Funktionen gegenüber den einzelnen 
Untertanen entwickeln. 
Der Staatenbund hat eine beschränkte Kompetenz, 
welche in dem Bundesvertrage näher formuliert ist. Die Er- 
weiterung der Kompetenz erfordert Abänderung des Bundesver- 
trages, also einstimmige Einwilligung aller Bundesstaaten. Die 
sog. „Kompetenz-Kompetenz“, d. h. die Fähigkeit des Bundes, sich 
selbst seine Kompetenz (auch gegen den Widerspruch einzelner 
Glieder) zu erweitern, ist mit dem Wesen des Staatenbundes nicht 
vereinbar, sie ist ein bundesstaatliches Prinzipd, 
Die Staaten im Staatenbunde sind souveräne,. Insbesondere 
bleiben sie gegenüber ihren Untertanen im Vollbesitze staatlicher 
Herrschaft. Die Beschränkungen, welche sie sich dem Bunde, 
d. h. den andern im Bunde befindlichen Staaten gegenüber durch 
Eingehung des Bundesverhältnisses auferlegt haben, sind, dem 
Charakter des letzteren entsprechend, rein vertragsmäßiger Natur, 
es gilt mithin von ihnen, was von Verträgen zwischen Staaten 
überhaupt gilt: sie binden zwar, unterwerfen aber nichtf. Die 
Souveränetät der Staaten erleidet also durch das Staatenbunds- 
verhältnis weder nach der inneren noch nach der äußeren Seite 
irgend eine Beeinträchtigung. 
Der Staatenbund ist eine organisierte Staatenverbindung: er 
besitzt Organe, wie sie der Einheitsstaat hat. Die Akte dieser 
Organe sind Akte des Bundes.] 
b) Der Bundesstaat. 
8 14. 
[Der Unterschied zwischen Bundesstaat und 
Staatenbund ist der zwischen Staat und Nichtstaat. 
Der Staatenbund ist nur ein Bund von Staaten, der Bundesstaat 
ist das auch, er ist aber vor allem ein Staat: die Vereinigung 
der verbundenen Staaten mitsamt ihren Untertanen unter einer 
obersten, Staaten und Volk beherrschenden Gewalt. Der Bundes- 
staat ist keine völkerrechtliche, sondern eine staatsrechtliche, keine 
vertragsmäßige, sondern eine korporative Verbindung von Staaten, 
welche als solche, in ihrer höheren Einheit selbst wieder Staat ist. 
d A. M. die früheren Auflagen (6. A. 42), ferner Seydel, Vorträge über 
Allg. St.R. 70; Hatschek, Allg. St.R. 8 43, 44. Übereinstimmend mit dem 
jetzigen Text: Laband, St.R. 1 91 ff, Haenel, St.R. 1 221, Brie, Staaten- 
verbindun con 104; Zorn St.R. 1 76 ff.; Affolter, Ann.D.R. (1903) 840; Ebers 
8. 8. V. 215, . 
e A.M. die früheren Aufl. (6. A. 42: „Die Staaten im Staatenbunde 
sind nicht souverän“). Die Ansicht G. Meyers war vereinzelt geblieben. 
Gegen sie steht die ganz überwiegend herrschende Meinung der Staatsrechts- 
lehrer; vgl. statt aller Laband, St.R. 1 58 N. 1; Zorn, St.R. 1 69, Jellinek, 
Staatsl. 763. Auch die mehrfach zit, Abhandlung von Ebers (285 ff., 313, 
314) vertritt die Souveränetät der Staaten im Staatenbunde, 
f Anschütz, Enzyklop. 15.
	        
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