Die Organe. $ 146. 593
vorgesetzte Behörde) als solche bezeichnet sind, deren Geheim-
haltung notwendig erscheint*. Über Tatsachen, auf welche sich
die Verpflichtung zum Amtsgeheimnis bezieht, können Beamte im
Proze8 nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Behörde als
Zeugen vernommen werden. Ihre Vernehmung als Sachverständige
kann durch den Widerspruch der vorgesetzten Behörde verhindert
werden;
8. Gehorsam gegenüber den Befehlen der Vor-
gesetzten und Beobachtung der Verfassung und
der Gesetze®. Ein Widerstreit fieser beiden Pflichten konnte
zur Zeit des absoluten Staates nicht vorkommen, da der Monarch
gleichzeitig Gesetzgeber und Haupt der Verwaltung war. Da-
durch erklärt es sich, daß in dieser Zeit die Theorie vom un-
bedingten Gehorsam der Beamten aufgestellt wurde”. Mit der
Einführung konstitutioneller Verfassungen entstand dagegen die
Möglichkeit, daß die Verfügungen der vorgesetzten Behörden
mit der Verfassung oder den Gesetzen in Widerspruch traten.
In bezug auf diesen Punkt ist die Stellung des Richters eine
andere als die des Verwaltungsbeamten. Der Richter hat bei
Ausübung seiner richterlichen Tätigkeit lediglich das bestehende
Recht anzuwenden, er steht nur unter der Autorität des Gesetzes ®,
* Ausdrücklich spricht dies aus das RBG$ 11, Bay.BG Art. 14, Württ.
BG 8 5, Bad. BG 89, S.-Mein. StBG Art. 4, S.-Alt. StDG 8 17, Braunschw.
StDG 8 20, Reuß j.L. StDG 815, Schaumb.-Lipp. StDG 813, Lüb. BG 822,
Brem. BG 8 26. IIn Preußen ist durch die KabO vom 21. Nov. 1835 (GS
237) lediglich das Prinzip der Amtsverschwiegenheit, nicht aber ausgesprochen,
auf welche Gegenstände sich das Schweiggebot bezieht. Verwaltungspraxis
und Rechtsprechung legen aber diese Vorschrift ganz im Sinne der zitierten
Gesetzesbestimmungen, insbesondere des RBG aus; vgl. v. Rheinbaben,
DiszG 72, 73; Brand, BR 495, 496, RGStr 28 426, 85 403, 41 4. Über, die
einschl igen bayerischen Normen: Reindl, BG 86 ff.; Piloty, ArchÜffR
5 RZPrO 88 376 und 408, RStPrO 8$$ 53 und 76.
6 [Literatur: Perthes, Staatsdienst 126; Bluntschli, AllgStR 2 138;
v. Gerber, Grundzüge 113; Loening, VR 122; v. Stengel, PrStR 146; Laband,
StR 1 460 ff; Freund, ArchÖffR 1 115ff.; v. Roenne-Zorn, _PrStR 1 462;
Bornhak, PrStR 249f.; O. Mayer, VR 2286 f.; Derselbe, ArchOffR 28 354 ff. ;
die Voraufl. dieses Buches 513, 514; Seydel, Bay. StR (2. Aufl.) ? 228 ff.;
v. Seydel-Piloty 1 716 ff.; van Calker, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit
für auf Befehl begangene Handlungen (1891); Frh. Marschall v. Bieberstein,
Verantwortlichkeit und Gegenzeichuung 378 fl.; Bauer in AnnDR 190% 86 ff.;
Reindl, Bay. BG 71 ff.; ME Mayer, Der rechtswidrige Befehl des Vor-
gesetzten, in der Festschrift für Laband (1908) 137 ff.; Anschütz, Enzykl. 150;
v. Rheinbaben, DiszG 25 ff.; Brand, BR 548 ff. ; Heilborn, Die Pflicht des
preußischen und des Reichsbeamten zur Befolgung rechtswidriger Dienst-
vefehle, in der Festschrift für Gierke 1911 125 ff.].
T Goenner $$ 79—80.
8 RGVG 8 1 |Diese Stellung kommt nicht nur den ordentlichen
Richtern, sondern allen Beamten zu, die und soweit sie mit der Ausübung
richterlicher Funktionen betraut sind, also auch den Verwaltungsbeamten
als Mitgliedern der Verwaltungs- und Disziplinargerichte, den Kolonial-
beamten, soweit sie im Richteramte tätig sind (KolBG vom 8. Juni 1910
848, 8. oben $141la). Den richtigen Grundsatz spricht das Bay. BG, Art. 18