Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 148. 601 
als kriminelle und als disziplinarische Bestrafung. 
Die Verurteilung zu einer Kriminalstrafe kann, wie überhaupt, 
so auch ‚gegen Beamte nur durch die ordentlichen Strafgerichte 
nach voraufgegangenem Strafprozeß erfolgen®, während die Ver- 
hängung von Disziplinarstrafen entweder durch die vorgesetzte 
Dienstbehörde oder durch besondere Disziplinargerichte (s. unten) 
geschieht. Kriminalstrafe zieht die Pflichtverletzung dann. nach 
sich, wenn sie den Tatbestand einer durch die Gesetze mit solcher 
Strafe bedrohten Handlung, insbesondere eines Amtsdelikts. 
(Verbrechens oder Vergehens im Amte)f, d. h. eines Delikts, bei 
dem die Beamteneigenschaft des Täters Tatbestandsmerkmal oder 
Straferhöhungsgrund ist, in sich schließt. Disziplinarische Be- 
strafung ist verwirkt, wenn die Pflichtverletzung außer und ab- 
gesehen von ihrer etwaigen kriminellen Strafbarkeit als Dienst- 
vergehen erscheint. Im Gegensatz zum Strafgesetzbuch und den 
strafrechtlichen Sondergesetzen, welche durch Feststellung der 
Deliktssatbestände im einzelnen bestimmen, welche Handlungen 
ufber.. sind, enthalten sich die Beamtengesetze einer solchen 
Spezialisierung. Sie bringen nicht Aufzählungen einzelner fest 
umßrenzter Tatbestände von Dienstvergehen, sondern nur all- 
gäneine Vorschriften wie die: „ein Beamter, welcher die ihm ob- 
liegenden Pflichten verletzt, begeht ein Dienstvergehen und hat 
die Disziplinarbestrafung verwirkt“g. „Ein Beamter, der die ihm 
obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt, macht sich eines Dienst- 
vergehens schuldigh.“ Es ist also jede Pflichtverletzung stets 
auch ein Dienstvergehen i.] 
Der Disziplinargewalt unterstehen alle Beamten, sowohl 
solche, welche aus der Tätigkeit für den Staat ihren Lebensberuf 
machen, als solche, bei denen dieselbe nur Nebenbeschäftigung 
ist, sowohl Reichs- und Staats-, als Kommunalbeamte,. Die Dis- 
ziplinargewalt erstreckt sich ferner auch auf solche Personen, 
welche, ohne Beamte zu sein, nur zur Ausübung einzelner 
öffentlicher ° Funktionen berufen sind, wie Schöffen und Ge- 
schworene!, 
e Die Zuständigkeit der ordentlichen Strafgerichte wird jedoch — eben- 
so wie die derZivilgerichte in Rechtsstreitigkeiten gegen Beamte oder gegen 
den Staat wegen Schadensersatzes nus Anlaß von Amtspflichtverletzungen 
(s. unten $ 149 S. 609) — eingeschränkt durch die im $ 11 EinfG zum GVG vor- 
behaltenen Landespesetze, welche die Vorentscheidung, ob der Angeklagte 
bezw. Beklagte sich einer Überschreitung der Amtsbefugnisse schuldig ge- 
macht habe, dem Prozeßgericht entziehen und dem obersten Verwaltungs- 
gerichtshof oder dem Reichsgericht übertragen. Vgl. hıerüber unten $ 188. 
f StrGB 28. Abschnitt, 3$ 331 f. Laband 1 465 
8 RBG $ 72; ebenso oder ähnlich PrDiszG vom 7. Mai 1851 $ 1, vom 
21. Juli 1852 8 2, Württ. BG Art. 69, Bad. BG $ 78. 
h Bay. BG Art. 105. 
i v. Rheinbaben, a. a. O. 65, 66; Bornhak, PrStR 262; Anschütz, Enzykl. 
151; Reindl, Bay. BG 508; Brand, BR 665, 666. 
! Laband, StR 1468 will die Disziplinargewalt auf eigentliche Beamte,
	        
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