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namentlich die Entfernung aus dem Amte, entweder in
der Form der Strafversetzung oder in der der Dienst-
entlassung. Daneben kommt nach einzelnen Gesetzgebungen
auch Suspension, Ausschluß vom Aufrücken in eine höhere Gehal -
klasse und Gehaltsminderung vor. Diese Strafen dürfen nur nach
vorangegangenem kontradiktorischem Verfahren mit mündlicher
Hauptverhandlung, welches auf Antrag der vorgesetzten Behörde
eingeleitet wird, durch ein Urteil ausgesprochen werden. Das
Urteil kann, soweit es sich um richterliche Beamte handelt, nach
Maßgabe der Bestimmungen des Reichsgerichtsverfassungsgesetzes
($ 8) und der sich daran anschließenden Bestimmungen der
Landesgesetze nur durch richterliche Entscheidung! aus-
gesprochen werden. Bei nicht richterlichen Beamten dagegen ist
die Urteilsfällung teils den Gerichten, teils den Verwaltungsgerich-
ten, teils den Verwaltungsbehörden, teils besonderen Disziplinar-
gerichten, welche sich aus richterlichen und Verwaltungsbeam-
ten oder nur aus Verwaltungsbeamten zusammensetzen, über-
tragen®. Durch einzelne neuere Gesetze wird jede Disziplinar-
bestrafung gegenüber den Mitgliedern hoher Gerichtsbehörden
und anderer, ihnen in bezug auf Unabhängigkeit gleich-
gestellter Behörden ausgeschlossen. Es ist dann nur der be-
treffenden Behörde die Befugnis vorbehalten, in bezug auf die-
jenigen Mitglieder, welche im strafgerichtlichen Verfahren wegen
entehrender Handlungen oder zu Freiheitsstrafen von bestimmter
Dauer verurteilt sind, nachträglich die Dienstentlassung aus-
zusprechen !°,
2. Die Disziplinarstrafen berühren sich mit den früher
(oben Nr. 1, S. 600) erwähnten Zwangsmitteln insofern, als der
in Anwendung gebrachte Zwang vielfach in der Androhung von
Verhängung von Geldstrafen gegen I’rofessoren der Universität Straßburg
(G. vom 18. Juni 1890 $ 8).
ıGVG $ 8 lautet: „Richter können wider ihren Willen nur kraft
richterlicher Entscheidung ... ‚dauernd oder zeitweise ihres Amts
enthoben oder an eine andere Stelle oder in Ruhestand versetzt werden.“
„Richterliche Entscheidung“ ist nicht, wie die Voraufl. (S. 521) annahm,
leichbedeutend mit „Entscheidung durch die ordentlichen Gerichte“. Jede
ntscheidung, die durch richterliche Beamte gefällt wird, ist eine richter-
liche Entscheidung im Sinne des $ 8. Es ist also mit & 8 vollkommen ver-
träglich, wenn die Landesgesetze die Disziplinargerichtsbarkeit über Richter
nicht den ordentlichen Gerichten als solchen, sondern besonderen Disziplinar-
gerichten übertragen, wofern nur letztere ausschließlich mit richterlichen Be-
amten besetzt sind: so in Preußen (G. vom 9, April 1879 38 4ft.), Bayern
(Richterdisziplinargesetz vom 26. März 1881, Fassung vom 5. Dez. 1908 Art. 14 ff.)
und anderwärts. — Vgl. auch unten $& 153 bei Anm. 13.
® Vgl. unten $ 158.
® Z. B. durch das preuß. G. vom 9. Juli 1875 bzw. 2. Aug. 1880 85 20
und 21, gegenüber den Mitgliedern des Oberverwaltungsgerichts, durch das
RBG 8 158 gegenüber den iteliedern des Reichsgerichtes, des Bundesamtes
für Heimatwesen und des Rechnungshofes.
10 Vgl, unten 8 153 N. 12.