Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. 8 148. 605 
Strafen, namentlich Geldstrafen besteht. Deshalb werden unter 
dem Namen der Disziplin häufig Zwangsmittel und Strafen zu- 
sammengefaßt. Begrifflich sind jedoch beide streng auseinander- 
zuhalten !, Die Zwangsmittel kommen in Anwendung, um 
jemand zur Erfüllung einer Pflicht anzuhalten, von der es noch 
zweifelhaft ist, ob sie erfüllt werden wird oder nicht. Die 
Strafen werden wegen bereits stattgehabter Pflichtverletzung ver- 
hängt. Man darf daher die Disziplinargewalt des Staates 
nicht als ein bloßes Mittel betrachten, den Beamten zur Er- 
füllung seiner Pflichten anzuhalten!*, Eine solche Auffassung 
würde höchstens auf diejenigen Ordnungsstrafen Anwendung 
finden, welche beim Erlaß einer Verfügung für den Fall der 
Nichtbefolgung angedroht werden. Sie paßt schon nicht für 
diejenigen Ordnungsstrafen, welche, ohne vorher angedroht zu 
sein, wegen bereits eingetretener Pflichtverletzungen verhängt 
werden. Sie paßt überhaupt nicht für die Entfernung vom Amte, 
Die Entfernung vom Amte darf aber auch nicht als ein bloßes 
Mittel angesehen werden, den öffentlichen Dienst von unbrauch- 
baren und unwürdigen Subjekten zu säubern. Die Dienst- 
entlassung erfolgt stets unter Umständen, welche dieselbe als eine 
wirkliche Strafe erscheinen lassen. Der Beamte verliert dadurch 
ı1 Richtig O. Mayer, VR 2 241. 
13 Von den Staatsdienergesetzen unterscheiden einige ausdrücklich 
zwischen Zwangsmitteln und Strafen, z. B. das Bay. BG Art. 104 und 107, 
das Sächs. StDG ss 18 und 20ff. und das Sächs. G. vom 20. März 1880 
S 9 und 10, i6ff., das Bad. BG SS 77, 78 fl, das S.-Weim. StDG 88 20 ff., 
as S.-Alt. G. vom 8. Okt. 1861 83 29 f., das S.-Kob.-Goth. StDG 88 21ff., 
das Braunschw. StDG 88 34ff., das Schw.-Rud. G. vom 10. Mai 1868 $$ 9 
16, 21, das Schmb.-Lipp. StDG 88 54, 55ff., das Wald. StDG 8$ 24 und 
62 das Brem. BG 85 75 und 133. — Andere Gesetze dagegen 
sprechen nur von Disziplinarstrafen, z. B. die preußischen GG vom 7. Mai 
1851 und 21. Juli 1852 (diese Gesetze verweisen aber auf die allgemeinen 
administrativen Zwangsmittel, vgl. oben Anm. b), das Württ. BG Art. 69 ff, 
das Hess. Ed. Art.24 und 25, das S.-Mein. StBG Art. 42 ff., das Braunschw. 
StDG 88 34ff., das Old. StDG Art.37ff,, das Anh. StDG $$ 6lff., das Reußj.L. 
StDG 88 49 ff., das Lüb. BG 88 35 ff., das Hamb. Disz. und PensG 88 4ft., 
das RBG 83 72f., das elsaß-lothr. G. vom 13. Febr. 1899. 
18 (Hauptvertreter dieser Ansicht ist Laband, vgl. dessen StR 1 484 ff, 
kl. A. 106; Leitsatz: „Nicht statt der Ahndung von Verbrechen und Ver- 
gehen durch die Strafjustiz tritt die Disziplinarstrafe ein, sondern sie steht an 
telle der Kontraktsklage auf Leistung“ (a. a. 0.487). Mit Laband ganz oder im 
wesentlichen übereinstimmend: Binding, HdbStrR 1 796 ff., Lehrb. d. StrR Bes. 
Teil 2 400; Bornhak, Preuß. StR 261ff,; Rehm, AnnDR 1885 191 ff.; Harseim in 
v. Stengels Wörterb. (1. Aufl.) 1 47, 267. Gegen Laband: G. Meyer, AnnDR 
1876 672 ff.; Loening, VR 123 Anm.1 sowie insbesondere Preuß, Städtisches 
Amtsrecht 89 ff., 322 ff. Auch O. Mayer, VR 2 242, 243 Anm. 15a lehnt die 
Labandsche Konstruktion der Disziplinarstrafe als Erfüllungszwang ab. Vom 
Standpunkte des katholischen Kirchenrechts gegen Laband: Hinschius, KirchR 
4 753. — Übrigens schwächt Laband den Gegensatz zwischen seiner und 
der Gegenmeinung selbst ab, indem er sich (a. a. O. 485 N.) dagegen ver- 
wahrt, den „Pönalcharakter“ der Disziplinarstrafen — also ihre Eigenschaft 
als wirkliche Strafen — verkannt zu haben]. 
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatarecht. II. 7. Aufl. 99
	        
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