Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 149. 609 
3. wenn an Stelle des Beamten das Gemeinwesen haftet, in dessen 
Dienst er steht (Reich, Staat, Kommunalverband)®. — Die Haftung 
eines Beamten für Handlungen anderer Personen ist dann 
möglich, wenn der Beamte jemand zur Geschäftsführung für einen 
Dritten zu bestellen, eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen 
oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken 
hatte. In diesem Falle haften gegenüber dem Verletzten der Be- 
amte, der sich bei Vornahme der betreffenden Handlungen einer 
Verletzung der Amtspflicht schuldig gemacht hat, und der Ge- 
schäftsführer nebeneinander, im Verhältnis beider zu einander da- 
gegen lediglich der letztere”, 
Die Entscheidung über die Ansprüche, welche jemand gegen 
einen Beamten wegen Verletzung der Amtspflicht hat, ist — vor- 
behaltlich der landesrechtlichen Bestimmungen, welche bei Pro- 
zessen gegen Beamte die F'eststellung, ob der Beklagte sich einer 
Überschreitung der Amtsbefugnisse schuldig gemacht habe, dem 
ordentlichen Richter entziehen und dem obersten Verwaltungs- 
gericht des Landes bzw. dem Reichsgericht zuweisen® — Sache 
der Zivilgerichte®. Der durch die Handlung der Beamten 
verletzte Private muß seine Ansprüche im Wege der Klage geltend 
machen. Der Staat kann dies ebenfalls tun, er kann aber auch 
einen entsprechenden Teil des Gehaltes oder der Pension zurück- 
behalten und dadurch den Beamten zwingen, seinerseits klagend 
aufzutreten, wenn dieser seine Ersatzverbindlichkeit in Abrede 
stell. Besondere Bestimmungen bestehen nach einzelnen Gesetz- 
gebungen über Defekte. Ein Defekt liegt vor, wenn der Ist- 
stand einer öffentlichen Kasse geringer ist als der rechnungs- 
mäßige Sollbestand. Der Defekt wird durch einen vollstreckbaren 
Beschluß der höheren Verwaltungsbehörde festgestellt, gegen 
welchen dem Beamten der Rechtsweg offen steht®. 
2. Hieran schließt sich die Frage, ob und inwieweit der 
Staat aus pflichtwidrigen Handlungen oder Unter- 
lassungen seiner Beamten dritten Personen gegen- 
6 nel unten II (612 £.). 
? BGB 8 841. Landesgesetzliche Vorschriften, welche die Beamten für 
die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehilfen in weiterem Um- 
fange als nach dem BGB haften lassen, sind durch letzteres unberührt ge- 
SE „(eG Art. 78), Vgl. z.B, els.-loth. AG zum BGB vom 12. Dez. 1899, 
8 Vgl. unten $ 183. 
® Bestimmungen dieser Art sind zuerst durch die preuß. V. vom 24. Jan. 
1844 (vgl. G. vom 17. Juni 1880, vom 19. Mai 1889 Art. V) aufgestellt worden, 
von da in das RBG 88 134—148 (vgl. EG zur ZPO $ 13 Nr. 5) und in einige 
andere Landesgesetze (Hess. G. vom 21. April 1880 Art. 41-51, S.-Alt. StDG 
® 113—126, Anh, StDG 88 106—120,.G. vom 10. Juli1879 Art. DI, Reußj.L. 
tDG 88 102—115) übergepan en. Ahnliche Bestimmungen bestehen auch 
in Bayern (BG Art, 179 ff), Württemberg (G. über die Verwaltungsrechts- 
pflege vom 16. Dez. 1876 Art. 2 Nr. 2) und Baden (BG $ 76). Vgl. Brand, 
rt. „Defektenverfahren“ im WStVR 1 547 ff. 
 
	        
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