Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

616 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 150. 
Vermutung spricht gegen die Zulässigkeit von Gehaltsabzügen. 
Namentlich sind Gehaltsabzüge dann nicht gerechtfertigt, wenn 
das Gesetz sie nur im Falle des Urlaubes zuläßt und zum Eintritt 
in die betreffende Versammlung ein Urlaub nicht erforderlich ist !®, 
Dasselbe gilt auch, wenn zwar zum Eintritt in die Versammlung 
ein Urlaub notwendig ist, das Beamtengesetz jedoch bestimmt, 
daß nur bei einem Urlaub für Privatzwecke Abzüge gemacht 
werden dürfen. Die Frage, ob ein in den Reichstag gewählter 
Beamter seine Stellvertretungskosten zu ersetzen habe, ist durch 
die Reichsverfassung nicht entschieden worden. Für die Reichs- 
beamten hat das RBG!* bestimmt, daß ein Ersatz nicht stattfindet 
Ldie Stellvertretungskosten vielmehr der Reichskasse zur Last 
allen. Die Regelung der Frage für die Landesbeamten ist Sache 
der Landesgesetzgebung, in Ermangelung einer speziellen Be- 
stimmung muß sie nach Lage der Staatsdienergesetzgebung des 
betreffenden Staates unter Festhaltung der oben entwickelten 
Gesichtspunkte entschieden werden ®®. 
Die Besoldung wird in der Regel in barem Gelde gezahlt. 
Daneben kommen jedoch Naturaleinkünfte und Natural- 
nutzungen, namentlich Dienstwohnungen vor. 
Zu der Besoldung gehören auch die Wohnungsgeld- 
zuschüsse!® Sie unterscheiden sich von der übrigen Besoldung 
immer dem Staate, und Campe, Lehre von den Landständen 319 und 320, 
welcher sie immer dem Beamten zur Last legen will. Mit den hier ent- 
wickelten Ansichten stimmt überein: F. Brockhaus, Art. „Stellvertretungs- 
kosten“ in v. Holtzendorffs Rechtslexikon 8 782 ft. 
13 Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Frage über die Zulässigkeit 
der Gehaltsbezüge nach preußischem Recht zu verneinen. Im Resultat 
übereinstimmend: v. Rönne-Zorn, PrStR 1 316 £f.; H. Schulze, LehrbDStR 1 
336; Schwartz, PrVU 231ff. Anderer Ansicht: das vormalige preußische 
Obertribunal, Entsch. 52 230 und Bornhak, PrStR 2 44; Arndt, Komm. zur 
PrV 270. — Die Frage ist in Preußen bis zu ihrer, seitens der Staatsregie- 
rung in Aussicht gestellten, gesetzlichen Regelung im Verwaltungswege dahin 
entschieden, daß die Stellvertretungskosten unmittelbarer Staatsbeamten bis 
auf weiteres auf Staatsfonds übernommen werden: Beschluß des Staats- 
ministeriums vom 24. Okt. 1869, Min.-Bl. der inn. Verw. 276. 
1 RBG 8 14. 
15 Vgl. die N. 11 zitierten Gesetze. Aus der Ablehnung des Antrags 
Grumbrecht, welcher dem Staate die Verpflichtung zur TTragung der Stell- 
vertretungskosten auferlegen wollte, im verfassungsberatenden Reichstage 
des norddeutschen Bundes (Sten. Ber. 70) folgt nur, daß die Reichsverfassun 
die Frage offen lassen, nicht daß sie den Beamten die Verpflichtung auf- 
erlegen wollte, die Stellvertretungskosten selbst zu tragen, wie Thudichum, 
VR 154, Hiersemenzel zu Art. 21 Nr. Il und Auerbach zu Art. 21 ad 1 be- 
haupten. Übereinstimmend: v. Martitz 82; Seydel, Komm. zu Art. 21 Nr. I, 
AnnDR 1880 404; R. v. Mohl 352; Laband, StR 1 336; v. Rönne, StRDR 1 
246; Freund, a. a. O. 163; Arndt, RStR 139. — Zorn, StR 1 232 behauptet 
die Pflicht des Staates, die Kosten zu tragen. [In Preußen werden die 
Kosten der Stellvertretung von Staatsbeamten, die in den Reichstag ein- 
etreten sind, aus Staatsmitteln bestritten: StMinBeschl vom 4. Okt. 1867, 
rJMinBl 359. 
16 RBesoldungsG vom 15. Juli 1909 88 28 ff., Preuß. G, betr. die Gewährung 
von Wohnungsgeldzuschüssen an die unmittelbaren Staatsbeamten, vom 12. Maı
	        
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