Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

636 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 154. 
werden. Auf den Bezug des Gehaltes hat eine derartige Maßregel 
keinen Einfluß %, 
[ec) Außerhalb des Disziplinarverfahrens kann die Suspension 
vorkommen als unfreiwillige Beurlaubung2. Das Wesen 
dieser Maßregel besteht darin, daß dem Beamten durch die ihm 
vorgesetzte Behörde die Weiterführung seiner amtlichen Funktionen 
im Interesse des Dienstes untersagt wird. Sie findet Anwendung 
namentlich bei unerwartet eintretender Dienstunfähigkeit (z. B. 
wegen plötzlich ausbrechender Geisteskrankheit), bei Eröffnung 
des Konkurses über das Vermögen des Beamten, überhaupt in 
allen Fällen, wo die Wahrnehmung eines Amtes durch seinen 
dermaligen Inhaber mit dem öffentlichen Interesse in Widerspruch 
steht und eine anderweite, die Entziehung des Amtes bewirkende 
Maßnahme — Versetzung, Stellung zur Disposition, Zwangs- 
Pensionierung, Dienstentlassung im Disziplinarverfahren oder ohne 
isziplinarverfahren — nicht oder nicht ohne weiteres und nicht 
sofort statthaft ist. Die unfreiwillige Beurlaubung erfolgt stets 
anter Wahrung aller Rechte des Beamten, insbesondere des Rechts 
auf Titel und Diensteinkommen. Sie darf nicht dazu benutzt 
werden, um zwingende Vorschriften des öffentlichen Rechts, wie 
insbesondere über die Garantieen der richterlichen Unabhängigkeit 
(Verbot der unfreiwilligen Entlassung und Versetzung von richter- 
lichen Beamten), über die einstweilige und dauernde Versetzung 
in den Ruhestand, zu umgehenb,. Mit dieser Maßgabe ist die 
unfreiwillige Beurlaubung auch in den Staaten zulässig, deren 
Beamtengesetze sie nicht ausdrücklich erwähnen und regeln, — 
weil und insoweit der Beamte kein Recht auf sein Amt hatd.] 
2 Preuß. @. vom 31. Juli 1852 $ 54, Württ. BG Art. 114, S.-Mein. StBG 
Art. 86, 5.-Alt. SEDG 8 110, Braunschw. StDG 8 106, Anh. StDG $ 104, 
Lüb. BG 8 86, Brem. BG $ 132. — RBG $ 131, RG vom 1. Dez. 1898 $ 30. 
& Der Ausdruck stammt von Seydel (Bay. StR 2. Aufl. 2 219), er ist 
von Piloty (v. Seydel-Piloty, Bay. StR 1 711) beibehalten. 
b Piloty im JahrbOffR 3 251. 
© Ausdrücklich anerkannt ist das Recht zur unfreiwilligen Beurlaubun 
in Bayern; vgl. schon VU Beil. IX $ 19 Abs. 1 (v. Seydel, a.a.O. 219) un 
nunmehr BG Art. 170 (dazu Reindl 705 ff.), sowie Bay. RichtDiszG vom 
26. März 1881, 5. Dez. 1908 Art. 79 Nr. 3—6. Die übrigen Beamtengesetze 
erwähnen die hier in Rede stehende Form der Suspension in der Regel nur 
als einstweilige Sicherungsmaßregel im @wangspeneionierun sverfahren, vgl. 
insbesondere RBG 3% 66 Abs. 2 Satz 3, Preuß. DiszG& vom 31. Juli 1852 8 90 
Abs. 3. Wie der Text anscheinend auch Brand, BR 838 Anm. 1. 
d Seydel und Seydel-Piloty, a.a.O. Vgl. auch oben 626 (Der Beamte 
hat kein Recht auf sein Amt).
	        
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