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fassungen schreiben dies sogar ausdrücklich vor!?. — Für die
Publikation, welche in früheren Zeiten durch Ablesen von den
Kanzeln und Anschlagen an öffentlichen Orten erfolgte, sind im
Laufe des 19. Jahrhunderts in allen deutschen Staaten besondere
Gesetzblätter eingeführt wordenf. — Das Gesetz tritt in Ermange-
lung einer anderweiten Bestimmung gleichzeitig mit der Publika-
tion in Kraft. In vielen Staaten besteht jedoch die ausdrückliche
Vorschrift, daß die Gesetze erst mit Ablauf eines bestimmten
Tages nach der Publikation in Kraft treten sollen!®, Auch kann
in dem Gesetze selbst ein Anfangstermin seiner verbindlichen Kraft
festgesetzt sein.
[Die Wiedergabe der Gesetzesurkunde im Gesetzblatt hat die
Eigenschaft der Authentizität: der publizierteg Gesetzestext
11 Bayr. Verf. Tit. VII $ 30, Sächs Verf. $ 87, Wüıtt. Verf. $ 172, S.-
Weim. RGG 8 62, 8.-Kob.-Goth StGG 8 108, Braunschw. NLO 8 100, Old.
StGG Art. 140, Schw.-Sondh. LGG $ 40, Reuß ä. L. Verf. $ 67, Reuß j. L.
StGG 8 65, Schaumb.-Lipp. Verf. Art. 32, Wald. Verf. 8 8.
f Über die älteren Publikationsmethoden unterrichtet am besten Lukas,
Über die Gesetzespublikation in Österreich und dem Deutschen Reiche (1903)
15 ff, der sodann 77 ff., zeigt, daß das erste Gesetzblatt im modernen Sinne
(d. h. eine periodische Druckschrift, welche ausschließlich mit der Eigen-
schaft bekleidet ist, der rechtserheblichen Publikation der Staatsgesetze zu
dienen) durch das französische Gesetz vom 4. Dez. 1793 geschatien wurde
in Gestalt des Bulletin des lois de la Republique (seit dem Dekret vom
5. Nov. 1870 in seiner staatsrechtlichen Bedeutung ersetzt durch das Journal
officiel. Nach dem Vorbilde des Bulletin des lois wurde die Einrichtung
des Gesetzblattes („Regierungsblatt“, „Gesetzsammlung“) zunächst in den
süddeutschen Staaten eingeführt: Bayern (1799), Baden (1803), Württemberg
(1807, denen 1810 Preußen folgte durch Begründung der „Gesetzzammlung
für die Königlich Preußischen Staaten“ (K. Verordnung vom 27. Okt. 1810,
abgeändert durch G., betr. den Beginn der verbindlichen Kraft der durch
die Gesetzsammlung verkündeten Erlasse, vom 16. Febr. 1874, vgl. die
nächste Anm. Durch den Königl. Erlaß vom 24. Nov. 1906 wurde der
frühere Titel dieses Publikationsorgans abgeändert in „Preußische Gesetz-
sammlung“; vgl. hierüber Anschütz im JahrbOfR 1 205, 206.
18 Preuß. G. vom 16. Febr. 1874 (Ablauf des 14. Tages). Sächs. G., die
Bekanntmachung von Gesetzen und Verordnungen betr., vom 1. Mai 1884
(Beginn des 14. Tages). Bad. AusfG zum BGB vom 17. Juni 1899, Art. 1
(Ablauf des 14. Tages). Hess. V. betr. Einführung eines Regierungsblattes
vom 14. Juni 1819 (Ablauf des 14. Tages). S.-Kob.-Goth. StGG 8 110 (Ab-
Jauf des 4. Tapes) Schw.-Rud. G. vom 24. Febr. 1854 (Ablauf des 8. Tages).
Schw.-Sondh. G. vom 13. März 1850 8 6. Reuß j. L. vom 2. Jan. 1849 (An-
fang des 8. Tages), Reuß ä. L. G. vom 28. Jan. 1852 (Ablauf des 6. Tages),
Braunschw. V. vom 5. Jan. 1814 (Anfang des 8. Tages).
8 Maßgebend nach außen ist also der verkündigte Text, der Ab-
druck der Gesetzesausfertigung (der Originalurkunde des Gesetzes), nicht die
letztere selbst. Übereinstimmend Anschütz, Enzykl. 166; v. Roenne-Zorn, 2.2.0.
854; Lukas, Fehler im Gesetzgebungsverfahren (1907) 10, 12 (auch in der Zeit-
schrift: „Das Recht“, 1907, 669 ff.); a.M. Tezner in den Wiener juristischen
Blättern 1887 37 ff., 49 ff., welcher lediglich der Originalurkunde Authentizi-
tät zuschreiben will. Welchen Sinn und Zweck hätte aber, wenn Tezners
Ansicht richtig wäre, die Publikation? — Laband erklärt sich, StR 252 mit
Tezner einverstanden (ebenso auch ArchÜfR 18 266 und DJZ 1403 304),
sagt aber andrerseits, StR 2 57: „Der durch die Verantwortlichkeit des