Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

668 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 159. 
ziehende Minister (Reichskanzler) weder verpflichtet, noch auch 
nur berechtigtl. Ist der Fehler bei der An- bezw. Ausfertigung 
der Gesetzesurkunde vorgekommen, z. B. sind die Weglassung 
eines in dem festgestellten Gesetzestext enthaltenen Satzes oder 
ein sonstiger Schreibfehler übersehen worden, so liegt die Korrektur 
dem für die Ausfertigung zuständigen Organ — dem Monarchen, 
im Reiche (unten $ 163) dem Kaiser — ob (Gegenzeichnung!)m. 
Stellt sich heraus, daß der als Gesetzesinhalt mit dem Parlament 
festgestellte, demnächst sanktionierte und ausgefertigte Text dem, 
was das Parlament (Landtag, Reichstag) in Wahrheit gewollt und 
beschlossen hat, nicht entspricht, so kann die Berichtigung nur 
mit Zustimmung oder auf Antrag (Resolution) des Parlaments 
bezw. der betreffenden Kafnmer erfolgen». Endlich ist die Ent- 
scheidung von Streitigkeiten zwischen den gesetzgebenden 
Faktoren über die Korrektheit eines sanktionierten und publi- 
zierten Gesetzestextes nur im Wege der authentischen Interpreta- 
tion auf Grund einer Einigung der Streitenden möglich.] 
c. Verordnungen!., 
8 159. 
Verordnungen heißen diejenigen allgemeinen An- 
ordnungen der Staatsgewalt, welche von dem Monarchen oder den 
Verwaltungsbehörden erlassen werden. Der Unterschied zwischen 
Gesetz und Verordnung ist dem älteren Staatsrecht unbekannt 
und erst mit Einführung der konstitutionellen Verfassungen prak- 
tisch geworden?, Die Verordoaungen unterscheiden sich von den 
(formellen) Gesetzen durch die fehlende Mitwirkung der Volks- 
vertretung, von den Verfügungen durch die Allgemeinheit ihrer 
Fassung®. Die Verordnungen zerfallen in zwei Gruppen: Ver- 
waltungsverordnungen und Rechtsverordnungen“. 
ı A.M. die Praxis im Reiche; vgl. Erkl. des Schatzsekretärs im Reichs- 
tags 1897, Sten. Ber. 1673 D, der Dambitsch, a, a, 0. 53ff,, gegen Laband, 
StR 2 58 ff. und DJZ 8 301 ff. zustimmt. 
mn Die Berichtigung ist selbstverständlich auch in diesen Fällen, wie 
bei bloßen Publikationsfehlern, im Gesetzblatt zu verkündigen. 
ı Jellinek, Ges. u. Verord. 366 ff.; Laband, StR 2 85 ff., 165 ff., 182 £; 
v. Seydel-Piloty, Bay. StR 1 852ff.; Rosin, Das Polizeiverordnungsrecht in 
Preußen; Anschütz, Gegenwärtige Theorien über den Begriff der gesetz- 
ebenden Gewalt und den Umfang des Königl. Verordnungsrechts; Derselbe, 
nzykl. 161tf,; Derselbe im WStVR 8 673 ff.; Schoen, HdbPol 1 292 ff.; O. 
Mayer, VR 1 (2. Aufl.) 84 #.; Fleiner, Instit. 62 ff., 70 ff.; Zorn, StR 1 481 ff.; 
Seydel, Komm. z. RV 138 f; Arndt, Das Verordnungsrecht des Deutschen 
Reichs auf der Grundlage des preußischen (1884), Derselbe, Das selbständijre 
Verordnungsrecht (1902); Gneist, Art. Verordnungsrecht in v. Holtzendorfis 
Rechtslex., 3 1059 tf. 
% Als völlig identisch behandelt beide Begriffe das PPTALR Einl. 88 1—13. 
® Vgl. Haenel, Organisatorische Entwicklung der Reichsverfassung 62; 
Jellinek, a. a. O. 867 N. 3; Anschütz, Enzykl, 161. 
* Der Unterschied von Verwaltungsverordnungen und Rechtsverord-
	        
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