Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 161. 677 
der Legislative gebietet, indessen derart Gefahr im Verzuge ist, 
daß die Legislative für die Bedürfnisse der Lage zu langsam 
arbeiten würde.] Das Recht Notverordnungen zu erlassen, ist dem 
Monarchen durch die meisten Verfassungen ausdrücklich beigelegt, 
fast überall aber dahin beschränkt worden, daß Notverordnungen 
nur in Zeiten erlassen werden dürfen, wo der Landtag nicht ver- 
sammelt ist und daß sie dem nächsten Landtage zur nachträg- 
lichen Genehmigung vorzulegen sind?. Die Notverordnungen be- 
dürfen in der Regel der Gegenzeichnung aller Minister. Sie haben 
die Kraft von Gesetzen und werden auch als provisorische 
Gesetze bezeichnet. [Der gegenständliche Umfang des Not- 
verordnungsrechts ist partikularrechtlich verschieden. Als Durch- 
schnittszustand läßt sich bezeichnen, daß das Notverordnungsrecht 
sich auf alle Gegenstände der einfachen — nicht verfassung- 
ändernden — Gesetzgebung erstreckt, sonach bei sonst zutreffen- 
den Voraussetzungen (Notstand, nicht versammelter Landtag) durch 
Notverordnung alle Vorschriften erlassen werden können, welche 
im gewöhnlichen Verlauf der Dinge der Form des (einfachen) Ge- 
setzes bedürfen. So das geltende Recht insbesondere in Preußen 
und Sachsen? Weiter reicht das Notverordnungsrecht in 
Württemberg, Baden und Hessen, wo auch verfassung- 
ändernde Bestimmungen im Wege der Notverordnung getroffen 
werden können* — enger ist es begrenzt in Bayern, wo es 
rung, historisch und dogmatisch dargestellt (1860); L. Spiegel, Die kaiserlichen 
Verordnungen mit provisorischer Gesetzeskraft nach österreichischem Staats- 
recht (1893); F. Glatzer, Das Recht der prowiggrischen Gesetzgıbung, in- 
sonderheit nach preußischem Staatsrecht (1899); Hatschek, Der Ursprung der 
Notverordnung. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte des englischen Staats- 
rechts, in Grünhuts Ztschr., 27 1ff.; Friedmann, Geschichte und Struktur der 
Notstandsverordnungen, unter besonderer Berücksichtigung des Kirchenrechts, 
(19038); Hansel, Die Notverordnung nach deutsch«m Staatarecht (Rostockerrechts- 
wissenschaftliche Studien, II, 2, 1904): Schoen im HdbPol 1 302f£.: Menzel in der 
Festgabe f. Laband (190*), 1367 ff., v. Roenne-Zorn, Preuß, StR821ff.; Neubürger, 
Die Notverordnung nach bayr. StR (1905); Rob. Held, Das württembergische 
Notverordnungsrecht unter Vergleich mit dem Notverordnungsrecht anderer 
Staaten (Diss. Tübingen, 1905); Glockner, Über provisorische Gesetze (Notverord- 
nungen), Ztschr. für badische V. 1916, Nr. 13—16 (auch besonders erschienen). 
s Preuß. Verf. Art. 63, Bayr. PolStrGB vom 21. Dez. 1871 Art.9, Sächs. 
Verf. $ 88, Württ. Verf. $ 89, Bad. Verf. 5 66, Hess. Verf. Art. 73, S.-Weim. 
RGB $ 61, S.-Kob.-Goth. StGG 3 130, Old. StGG Art. 137, Braunschw. NLO 
$ 120, Anh. LO 8 20, Schw.-Sondh. LGG $ 39, Schw.-Rud. GG $ 25, Reuß 
& L. Verf. 8 67, Reuß j.L. StGG $ 1,66 und 67, Lipp. G. vom 8. Dez. 1867 
$ 3, Schaum -Lipp- Verf. Art. 81, Wald. Verf. $ 7. , 
® Preuß. Verf. Art. 63, Sächs. Verf. $ 88. — In Preußen nimmt die 
herrschende Meinung an, daß der Weg der Notverordnung in den Fällen 
ausgeschlossen sei, wo die Verfassung ausdrücklich ein „mit vorheriger Zu- 
stimmung der Kammern zu erlassendes Gesetz“ fordert, wie z. B. in den 
Art. 94, 95. Vel. unten N. 6. 
4 Württ. Verf, 389, Bad. Verf. $&66, Hess, Verf. Art. 73. Vgl. Göz, Württ. 
StR 218; a.M. Glatzer, a.a O0. 30 Anm. 5; Wielandt, Bad. StR 168 trägt in den 
8 66 der Bad. Verf. Unterschiede hinein, welche dieser Gesetzestext nicht 
kennt, Richtig Walz, Bad. StR 216; Glockner, a.a.O. (Sonderabdruck) 17 ff.
	        
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