58 Einleitung. $ 16.
Verbältnisse, so namentlich das Erbfolge- und Vermögensrecht der
regierenden Fürstenhäuser, und bedarf insoweit einer Berück-
sichtigung im Staatsrechtd.
8 16.
Die Quellen des Staatsrechts! sind:
1. Gesetze, unter welchen die Verfassung oder das
Grundgesetz von besonderer Bedeutung ist.
2. Gewohnheitsrecht. Eine Bildung von Rechtssätzen
in der Form gewohnbheitsrechtlicher Erzeugung kann auf dem
Gebiete des Staatsrechtes ebensogut wie auf dem des Privatrechtes
vorkommen?. Die Verfassung des alten deutschen Reiches beruhte
und die jetzige englische Verfassung beruht zu einem großen Teil
auf Gewohnheitsrecht. Auch das Bestehen einer Verfassungs-
urkunde steht einer Bildung von Gewohnheitsrecht nicht entgegen,
die Bestimmungen derselben können durch Gewohnheitsrecht ab-
geändert werden®. Gewisse Anderungen gibt es jedoch, welche
d Die staatsrechtliche Seite und Bedeutsamkeit dieser Materie ist in
. ihrer neuesten systematischen Darstellung: Rehm, Modernes Fürstenrecht
(1904) scharf hervorgehoben.
ı Vgl. auch $ 72: Quellen des deutschen Staatsrechts.
® Vgl. G. F. Puchta, Das Gewohnheitsrecht, 2. Teil, (1887) 225 ff;
Jellinek, Gesetz und Verordnung 334 ff, Seidler, Zur Lehre vom Gewohnheits-
recht auf dem Gebiete des österreichischen Staats- und Verwaltungsrechtes
(Abdruck a. d. Festschrift zum 70. Geburtstage Joseph Ungers 1898), dazu
O. Mayer, Arch.Öff.R. 14 132 ff. B. Schmidt, Das Gewohnheitsrecht als Form
des Gemeinwillens (1899); Brie, Über die Gewohnheit insbesondere als Quelle
des Verwaltungsrechts 1 (1399) u. Art. Gewohnheitsrecht im W.St.V.R.
Q. A.) 2 287; Spiegel. Die Verwaltungswissenschaft (1909) 184ff. und in
tengel-Fleischmanns Wörterbuch 2 289 ff.; O. Mayer, V.R. 1 130 ff.; Anschütz,
Preuß. Verw.Bl. 22 87, 88 und im Verw.Arch. 14 326, 327. [Neuerdings ist
die Bedeutung des Gewohnheitsrechts für das öffentliche Recht besonders
auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes vielfach untersucht worden;
im Vordergrunde steht dabei zumeist die Frage, ob Befugnisse der Ver-
waltung zu Eingriffen in Freiheit und Eigentum der Untertanen sich nur
auf Gesetz oder, bei Nichtvrorhandensein eines Gesetzes, auch auf Gewohnheits-
rechte gründen können. Vgl. außer den angegebenen Schriften von O. Mayer,
Seidler, Brie, Anschütz insbesondere noch: Fleiner, Instit. 83 ff.; Bräuer,
Arch.ÖfE.R. 21. 523 ff. (diese beiden dem Gewohnheitsrecht weniger günstig);
Schade, Arch.Öff.R. 25 300 ff., 308 ff.; Schultzenstein, Verw.Arch 16 306, 1
Schanze, Ztschr. f. Praxis u. Gesetzgebung in der Verwaltung 86 12 ff. (ihm
günstiger). — Sehr beachtenswert für das Problem des Gewohnheitsrechts
im öffentlichen Recht ist auch die Schrift Jellineks über Verfassungsänderung
und Verfassungswandlung (1906): viele Verschiebungen des Rechtszustandes,
welche Jellinek ala „Verfassungswandlungen“ (d.h. als Änderungen, welche
den Text der Verfassung unverändert lassen und durch Tatsachen hervor-
gerufen werden, die nicht von der Absicht einer solchen Anderung begleitet
sein müssen) anspricht, dürften sich bei näherer Betrachtung als das Werk
rechtsändernder Macht der Gewohnheit erweisen.]
® y. Gerber, St.R.($ 6) 14 u.15 meint zwar, von der Abänderung durch
Gewohnheitsrecht seien ausgeschlossen jene höchsten Prinzipien der Ver-
fassung, welche dem Einfluß der fortschreitenden Rechtsbildung im Staate
überhaupt entrückt sein sollten. Aber er hält es selbst für unmöglich, diese
höchsten Prinzipien genauer zu formulieren.