Die Funktionen. $ 165. 705
Art.78 Abs.2, da er sich nur auf Vorschriften der Reichs-
verfassung bezieht, auf diese Verabredungen und die in ihnen fest-
estellten Sonderrechte nicht anwendbar ist, so gilt doch für die
etzteren der gleiche Grundsatz wie für die verfassungsmäßigen
Sonderrechte: auch sie können nur mit Zustimmung des berech-
tigten Staates geschmälert oder beseitigt werden«“,] Doch bedarf
es dazu nicht notwendig der Form des Vertrages; es genügt ein
(einfaches nicht verfassungänderndes) Reichsgesetz, welches mit
ustimmung des beteiligten Staates erlassen wird, unter Um-
ständen sogar die bloße Erklärung des letzteren im Bundesrate!®.
3. Beichsverordnungen!,
8 165.
Auch im Reiche ist zwischen Rechtsverordnungen und
Verwaltungsverordnungen zu unterscheiden ?.,
I. Das Recht zum Erlaß von Verwaltungsverordnungen
steht auf den Gebieten der Reichsverwaltung allen höheren
Verwaltungsorganen als Ausfluß ihrer Verwaltungsbefugnisse zu,
also dem Bundesrat, soweit seine Verwaltungskompetenz reicht,
z. B. auf dem Gebiete des Zollwesens®; dem Kaiser hinsichtlich
der seiner Leitung unterstellten Verwaltungsangelegenheiten, z.B.
hinsichtlich des Militärwesens*, der Kriegsmarine®, der Post und
Telegraphie®; dem Reichskanzler?; den höheren Reichsbehörden,
z. B. dem Reichspostamt®. [Kraft Gewohnheitsrechts hat der Kaiser
auch das Recht, die Organisation der Reichsbehörden im Ver-
ordnungswege zu regeln®, — vorbehaltlich des dem Bundesrat
ec Denn sie beruhen, wie im Text hervorgehoben, auf Verträgen.
15 Vgl. Haenel, Stud. 1 236 ff.; Loening, a. a. O. 347; Kittel, a. a. O.
20 ff.; Zorn, StR 1 125; Anschütz, Enzykl. 78.
ı Vgl. die Literatur zu $ 159, namentlich die dort Anm. 1, 3 und 4
angeführten Bücher und Schriften von Laband, Jellinck, Haenel, Seydel,
Zorn, Arndt, Hubrich. Dazu noch Seydel, AnnDR 1874 1143 ff., 18:6 11 ff;
J. Kahn, Die Abgrenzung des Gesetzgebungs- und Verordnungsrechts nach
deutschem Reichsstaatsrecht (1912).
2 Vgl. oben $ 159 S. 668 und Anm. 4.
® G. Meyer-Dochow, Deutsches VR (3. Aufl.) $ 226 8. 657.
* Vgl. G. Meyer-Dochow, a. a. O. 498; Anschütz, Enzykl. 178, 179.
° Vgl. G. Meyer-Dochow, a. a. O. 517.
© G. Meyer-Dochow, a. a. O. (4. Aufl.) 365 ff.
? Vgl. P. Hensel, AnnDR 1872 30 fi.
8 Vol. G. Meyer-Dochow, a. a. O. (4. Aufl.) 865.
® Übereinstimmend die Staatspraxis; vgl. oben 136 S. 534, 535.
Literatur: oben $ 159 N. 5, sowie besonders die Voraufl. 608; E. Loening,
Deutsches VR $ 11 S. 56; v. Stengel Lehrbuch des deutschen VR 157;
Anschütz, Enzykl. 163, WStVR 3 675. Diese stimmen im Ergebuis mit dem
Text überein. Andere Schriftsteller (Zorn, StR 1 291; Seydel, Komm. zu
Art. 7 Nr. IV; Hübler, Srganisation der Verwaltung 6; Giese. AnnDR 1907
552 ff.; Florack [das. S. zitiert]) sehen als Inhaber der Organisationsgewalt
den Bundesrat an. [Diese Ansicht beruht auf einer richtigen Anschauung