Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

736 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 173. 
sie veranlaßt wurde, fortdauert, nicht widerrufen werden. Ist mit 
der Vertretung eine Entschädigung verbunden, so muß diese für 
die ganze Dauer im voraus festgestellt werden. Wo jedoch in 
einem Staate landesgesetzliche Vorschriften bestehen, nach welchen 
richterliche Geschäfte nur von ständig angestellten Richtern wahr- 
genommen werden können, bleiben dieselben in Kraft!?, Bei den 
Oberlandesgerichten dürfen zu Hilferichtern nur ständig 
angestellte Richter berufen werden’®, Bei dem Reichsgericht 
ist die Zuziehung von Hilfsrichtern unzulässig!*, ebenso beim 
Reichsmilitärgericht '®. 
8 173. 
Aus dem Grundsatz, daß die Gerichte in der Rechtsprechung 
unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind, ergibt sich, 
daß sie selbständig zu prüfen haben, ob die vom Staats- 
oberhaupt erlassenen allgemeinen Anordnungen 
(Verordnungen) gesetzmäßig sind", 
1. Die Reichsgerichte des alten deutschen Reiches besaßen 
unbestrittenerweise das Recht, sowohl Landesgesetze als kaiser- 
liche Verordnungen daraufhin zu prüfen, ob sie mit den Reichs- 
gesetzen übereinstimmen. In bezug auf die kaiserlichen Verord- 
nungen war das Prüfungsrecht sogar reichsgrundgesetzlich an- 
erkannt®, Dagegen stand den Landesgerichten nur die Befugnis 
zu, die richtige Veröffentlichung der vom Landesherrn ausgehen- 
den Normen ihrer Kognition zu unterziehen; ein Prüfungsrecht 
hinsichtlich des verfassungsmäßigen Zustandekommens konnte sich 
nicht ausbilden, weil eine regelmäßige Teilnahme der Landstände 
bei der Gesetzgebung in den meisten Territorien nicht bestand. 
2. Erst als mit Einführung des konstitutionellen Systems der 
Gegensatz von Gesetz und Verordnung entstand, wurde die Frage 
über das Prüfungsrecht der Landesgerichte praktisch und Gegen- 
stand lebhafter Streitigkeiten®. Während ein Teil der älteren Schrift- 
13 RGVG ß 69. ı3RGVG 8122. 1MRGVRS13. 3 RMilStrGO 878. 
ı (Über das Prüfungsrecht in bezug auf die Authentizität und Korrekt- 
heit des Gesetzestextes (Hedaktions- und Publikationsversehen) s. oben 8 158. 
S. 667 und Note h. Neueste zusammenfassende Darstellung der im Text 
behandelten Materie: F. Schack, Die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Gesetz 
und Verordnung (1919)]: 
» WK Art. 168 11. 
s [In England ist die Befugnis der Gerichte, über die Gesetzmäßigkeit 
königlicher Verordnungen zu entscheiden, stets unbestritten gewesen; ob 
den Gerichten dort auch das Prüfungsrecht bezüglich des verfassungsmäßigen 
Zustandekommens der Gesetze zusteht, ist bestritten; bejahend Gneist, 
Gutachten für den IV. Deutschen Juristentag,, Verhdign. 1 219, verneinen 
Jellinek, Ges. u. Verordn. 404, 405, Freund, Öffentl. Recht der Vereinigten 
Staaten von Amerika 84 (im Gegensatz zur amerikan. Auffassung) und be- 
sonders Hatschek, Engl. Staatsrecht 1 138: „Prinzipiell gilt heute der Satz, 
daß der englische Richter unbedingt die Gesetze anwenden muß, daß er 
kein Prüfungerecht derselben hat, ausgenommen die Prüfung der Form- 
erfordernisse des Gesetzes, wozu er auf die Originalurkunden des Gesetzes 
zurückgehen kann. Hierbei muß er sich beruhigen und zufriedengeben,
	        
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