Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

754 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 176. 
[Diene Legaldefinition — keineswegs ein bloßer Lehrsatz von ledig- 
ich theoretischer, sondern ein Rechtssatz von eminent prak- 
tischer Bedeutungb ist vornehmlich auf die Formel „Erhaltung 
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ gestellt, eine Formel, 
die von da ab (allein oder in Verbindung mit der gleichinhalt- 
lichen Wendung „Abwelır von Gefahren“) stetig wiederkehrt, wo 
immer es sich darum handelt, mit dem Begriff der Polizei die 
Grenzen der Polizeigewalt allgemein und grundsätzlich zu be- 
stimmen. So hat auch, sehr bald nach dem ALR (1794) der fran- 
zösische Gesetzgeber die Polizei dahin definiert: „La Police est 
institude pour maintenir l’ordre public, la liberte, la propridte, la 
süret& individuelle*e. Nicht anders als in Preußen und Frank- 
reich hat sich der Begriff der Polizei in den deutschen Staaten 
außerhalb Preußens entwickelt und festgestellt, so zwar, daß diese 
Entwicklung sich in den meisten Ländern gewohnheits- 
rechtlich vollzog. Gesetzliche Definitionen des Begriffs der Art 
wie die angeführten Bestimmungen des preußischen und französischen 
Rechts sind im außerpreußischen Deutschland seltend; in den 
meisten Mittel- und Kleinstaaten beruhen mit dem Begriff der 
Polizei auch die Grundlagen und Grenzen der Polizeigewalt auf dem 
ungeschriebenen Rechte. Inhaltlich aber stimmen diese — hier 
geschriebenen und ungeschriebenen — Normen über Polizei und 
Polizeigewalt durchweg tiberein: ein zwar nicht gemeines, aber 
allgemeines, gleichheitliches deutsches Recht. 
fügungen als auch Polizei verordnungen können in Preußen, soweit nicht 
das Gesetz ausdrücklich und speziell ein anderes bestimmt, nur innerhalb 
der Schrauken des $ 10 II 17 ALR erlassen werden. 
b A, M. Schultzenstein, VerwArch 18 548, 549. Nach Wolzendorff, 
Grenzen der Polizeigewalt, Teil 2, 37 ff., 7Sff. habe $ 10 II 17 bis in die 
zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht als aktuelles Recht gegolten, erst 
durch eine dann einsetzende, vor allem von der Rechtsprechung des OVG 
und KG vertretene „Rechtsüberzeugung“ sei das, was er besagt. geltendes 
Recht in Preußen geworden. Vgl. auch Wolzeudorff ım ArchÖfR 38 321 
nm. 2, 
e Code des d&lits et des peines, 3. brum. IV = 25, Okt. 1795, art. 16. 
Dazu OVG 20 399, 400 (betont die Gleichartigkeit dieser Bestimmung mit 
ALR $ 10 II 1%); Wolzendorff, Grenzen der Polizeigewalt 2 80. Die Be- 
stimmung hat in Elsaß-Lothringen noch Geltung: OÖ, Mayer, Theorie des 
franz. VerwR 175 Anm. 1. Über den Begriff der Polizei und die Grenzen 
dor „ollzeigewalt im heutigen französischen Recht: Wolzendorff, ArchÖfR 
d So z. B. Baden; vgl. bad. PolStrafGB v. 31. Okt. 1863, Art. 30 Abs. 1: 
Neben den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzbuchs bleibt den 
Polizeibehörden die Befugnis vorbehalten, auch unabhängig von der straf- 
erichtlichen Verfolgung rechts- und orduungswidrige Zustände innerlialb 
ihrer Zuständigkeit zu beseitigen und deren Entstehung oder Fortsetzung 
zu hindern.“ Dazu Thoma, Polizeibefehl 45 ff., 234 ff. Über analoge Gesctze»- 
bestiminungen in einigen anderen deutschen Staaten vgl. Wolzendorff, 
Grenzen der Polizeigewalt a. a. O. 41ff., W. Jellinck, (iesetz, Gesetzcs- 
anwendung 272 N, 18. 
e So namentlich in Sachsen (vgl. Schade, ArchÖfR 2% 364 und die 
dort eingehend besprochene Judikatur des sächs. OVG, und Schanze in
	        
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