66 Erster Teil. Erstes Buch. $ 19.
und mehr ausbreitete, hatte sich hier die Freiheit erhalten. In dem
städtischen Rate entstand ein Organ der Bürgerschaft, in welchem
die Bestrebungen derselben, sich von der Herrschaft des Stadt-
herrn freizumachen, ihren Träger fanden. Gerichtsbarkeit und
Besteuerungsrecht gingen auf denselben über. Nachdem seit
Wilhelm von Holland und Rudolf von Habsburg die Städte auch
zum Reichstage zugelassen wurden, war in denselben ein den
Landesherren gleichberechtigtes Element erwachsen. Die Städte
bildeten besondere Bezirke, in denen Landeshoheit und Reichs-
standschaft einer Korporation zustand. Es konnte sogar eine Zeit-
lang zweifelhaft erscheinen, ob nicht das städtische Element das
Übergewicht erlangen und eine vollständige Umgestaltung des
Reiches herbeiführen würde. In dem großen Städtekriege von
1388 wurde jedoch der Sieg des landesherrlichen Prinzips ent-
schieden. Die fürstlich regierten Territorien bildeten nunmehr
die eigentliche Grundlage des Reichsverbandes, während die Be-
teiligung der Städte an demselben nur als eine vereinzelte Aus-
nahme erschien.
In der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts machte
sich bereits das Bedürfnis nach größerer politischer Einigung im
Reiche lebhaft bemerkbar. Weitergehende Pläne scheiterten zwar
an der Verschiedenheit des Standpunktes von Kaiser und Reichs-
ständen, doch kam es im Jahre 1495 zu einer Reihe nicht un-
wichtiger Reformen’. Der Ewige Landfriede enthielt ein dauern-
des Verbot aller Fehde, und in dem Reichskammergericht wurde
ein ständiger oberster Gerichtshof geschaffen, der alle Streitig-
keiten der Reichsstände untereinander zu erledigen hatte. Es
sollten jährliche Reichstage stattfinden, eine Bestimmung, die frei-
lich tatsächlich nicht eingehalten wurde, und zeitweilig bestand
sogar ein aus einzelnen Reichsständen bzw. deren Vertretern zu-
sammengesetztes Reichsregiment, welches mit der Aufrechterhaltung
des Landfriedens und der Vollstreckung der reichsgerichtlichen
verfassung in Deutschland, 4 Bde., Erlangen 1869—71; Andr. Heusler, Ur-
sprung der deutschen Städteverfassung, Weimar 1872; v. Below, Die Ent-
stehung der deutschen Stadtgemeinde, Düsseldorf 1889, Der Ursprung der
deutschen Stadtverfassung, Düsseldorf 1392; C. Köhne, Der Ursprung der
deutschen Städteverfassung in Worms, Speier und Mainz, Breslau 1890;
R. Sohm. Die Entstehung des deutschen Städtewesens, Leipzig 1890 (Fest-
schrift); Keutgen, Untersuchungen über den Ursprung der deutschen Städte-
verfassung, Leipzig 1895; Rietschel, Markt und Stadt in ihrem rechtlichen
Verhältnis, Leipzig 1897; K. Hegel, Die Entstehung des Städtewesens,
Leipzig 18938; W. Varges, Zur Entstchung der deutschen Stadtverfassung,
in J. f. Nationalökonomie u. Statistik 61 161 fi., 63 801 ff., 64 A481 ff., 67 48Lfk.,
69 56 ff.; Brunner, Grundzüge 164 ff.; Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte
632 ff.; Lamprecht, Der Ursprung des Bürgertums und des städtischen Lebens
in Deutschland, in v. Sybels Histor. Z. 67 385 ff.; H. Preuss, Die Entwicklung
les deutschen Städtewesens, 1. Bd., Entwicklungsgeschichte der deutschen
Städteverfassung, 1906.
? L. v. Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, Bd. 1,
7. Aufl., Leipzig 1894; H. Ulmann, Kaiser Maximilian I. 1 292 ff. (Stuttgart
1384); Lamprecht, Deutsche Geschichte 5 24 ff.