Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

162 Zweiter Teil. Drittes Buch. 8 178. 
und Eigentum ein formelles, konstitutionelles Gesetz zugrunde 
liege. Auch vorkonstitutionelle Rechisnormen — vorausgesetzt 
natürlich, daß sie nach dem Staatsrecht ihrer Zeit gültig zustande 
gekommen und verkündigt sind°, Rechtsverordnungen (oben 8 159, 
S. 672), autonomische Satzungen (oben 641, 642), Gewohnheitsrechts- 
sätzed, durch juristische Abstraktion gewonnene allgemeine Reclıts- 
grundsätze können in dieser Beziehung eine ausreichende Grundlage 
abgeben. Insbesondere widerspricht es dem „nnzip der Gesetz- 
mäßigkeit der Verwaltung nicht, wenn die Polizeibehörden ihre 
Verfügungen anstatt auf ein formelles Spezialgesetz auf die „all- 
gemeine staatsrechtliche Stellung der Polizei* (so die Voraufl. 
S. 649, 650), oder auf die „hergebrachten Befugnisse der Polizei- 
behörden“ (das. 651) stützen, — falls nur die „Stellung“ auf einem 
Inbegriff von positiv geltenden, wenngleich ungeschriebenen Rechts- 
sätzen beruht und die „Befugnissc* der Art „hergebracht“ sind, 
daß sie sich auf ein wirkliches Gewohnheitsrecht berufen können. 
Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung findet 
selbstverständlich auch auf privilegierende Verwaltungsakte 
(Verwaltungsakte, welche die Natur von Privilegien habene) 
Anwendung. Die Privilegienf waren zur Zeit des alten Deutschen 
Reiches eine wichtige Art der Rechtsbegründung, indem ein großer 
Teil der öffentlichen und privatrechtlichen Befugnisse auf Privi- 
legien beruhte. Das Recht zur Erteilung derselben stand den 
Landesherren zu, soweit es nicht hinsichtlich einzelner Gegenstände 
dem Kaiser reserviert war. Im modernen Verfassungsstaate ist 
an Stelle der Privilegien die Herrschaft des Gesetzes getreten. 
Wenn ein Gegenstand in einer für alle Untertanen gleichartigen 
Weise gesetzlich geregelt und dabei dem Ermessen der Ver- 
waltungsorgane kein Spielraum gelassen ist, kann eine Erteilung 
von Privilegien nicht stattfinden. Sie erscheint nur zulässig in 
bezug auf solche Gegenstände, hinsichtlich welcher ein bestehender 
Rechtssatz der Verwaltung ausdrücklich die Ermächtigung zur 
Privilegienerteilung verleiht. 
  
c Ein Hauptbeispiel: Die oben ; 176 S. 753, 754 besprochene Funda- 
mentalbestimmung des preuß. ALR 11 17 8 10, über Begriff und Grenzen 
der Polizeigewalt. Im allgemeinen vgl. Anschütz, Komm. z. preuß, Verf. 1 140. 
d Anschütz a. a. O. 141; derselbe im VerwA 5 892, 6 594, PrVBl. 23 
85 fl. (über die Bedeutung des Gewohnheitsrechts nach der Rechtsprechung 
des OVG). Schade im ArchÖfR 25 300 ff. . 
e Vgl. oben 759 sowie 641 Anm. c, 645. 
f v. Gerber, Privilegienhoheit und Dispensationsgewalt im modernen 
Staate, Ztschr. f. Staatswiss. 27 430 ff., Ges. jurist. Abhandl. 470 ff.; Hinschius, 
Art. Privileg, in v Stengels Wörterb. 1. Aufl.; Hinschius-Kahl, Art. Privi- 
legium im WStVYR 8 196 ff. (umfassende Umarbeitung des Hinschiusschen 
Artikels von Kahl): Stammler, Privilegien u. Vorrechte (Rekt.-Rede 1903); 
Gierke, Deutsches PrivR 1 8 34; Kormann, System der rechtsgeschäftlichen 
Staatsakte (1910) 120 ff, Weitere Angaben, insbesondere aus der (sehr reich- 
haltigen) kanonistischen Literatur s. bei Hinschius-Kahıl a. a. 0. 201. 
& v. Gerber a. a. O.; H. A. Zachariae 2 $ 164 S. 187ff.; v. Sarwey, 
Württembergisches Staatsrecht 2 68 ff.; Schwartz, Preuß, Verfassungsurkunde
	        
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