766 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 180.
gebung noch zur Landesverordnungsgewalt im Verhältnis der
Unterordnung. Beim Widerspruch von Reichs- und Landesrecht
haben sie daher lediglich das erstere anzuwenden.
IV. Verhältnis der Verwaltung der Justiz.
1. Abgrenzung des Gebietes!,
8 180.
Verwaltungssachen heißen alle diejenigen Angelegen-
heiten, welche von den Verwaltungsorganen, Justizsachen alle
diejenigen, welche von den Gerichten erledigt werden.
l. Der Unterschied von Justiz- und Verwaltungssachen ist dem
älteren Recht unbekannt, da für die Ausübung beider Funktionen
im wesentlichen dieselben Organe bestanden. Sowohl die Kanz-
leien und Regierungen als die lJandesherrlichen Amtmänner (oben
8 107 S. 393 ff.) waren gleichzeitig auf dem Gebiete der Justiz
und auf dem der Verwaltung tätig. Diejenigen Behörden, aus
welchen die späteren Verwaltungsorgane hervorgegangen sind,
namentlich die preußischen Kriegs- und Domänenkammern, hatten
ursprünglich vielfach den Charakter von Spezialbehörden. Auf
den Gebieten ihrer Kompetenz besaßen sie ein Entscheidungsrecht
(Jurisdiktion), welches sich nicht nur auf Fragen der Zweck-
mäßigkeit und allgemeinen Wohlfahrt sondern auch auf Rechts-
fragen erstreckte. Ja, sie entschieden regelmäßig sogar diejenigen
privatrechtlichen Streitigkeiten, welche mit ihrem Ressort im Zu-
sammenhange standen®. Infolge der Unterordnung der Territorial-
gewalten unter das Reich konnte wegen jeder Rechtsverletzung,
welche ein einzelner durch Verfügungen des Landesherrn oder
ı Über die allmähliche Ausscheidung von Justiz- und Verwaltungs-
sachen in Preußen vgl. E.Loening, Gerichts- und Verwaltungsbehörden
in Brandenburg-Preußen, VArch 2 217 ff., 437 ff., 8 94 ff., 510 ff. [Diese Auf-
sätze sind zusammengefaßt und neu herausgegeben in dem Buche E. Loenings:
Gerichte und Verwaltungsbehörden in Brandenburg-Preußen“ (Abhand-
ungen und Aufsätze Bd. 1), 1914. Grundlegend für Preußen ferner die Ein-
leitungen v. Schmollers und Hintzes zu Bd. 1 und 6 der Acta Borussica
(v. Schmoller a. a. O. 1 109ft., Hintze a. a. O. 6 227 ff.); Bornhak, Preuß.
AR 1 SS 85, 86, 2 $ 137, preuß. Staats- und Rechtsgeschichte 168 ff., 208 ff.
ber die Verhältnisse in den einzelnen deutschen Ländern vgl. die Artikel
Rechtsweg und Kompetenzkonflikt, im WStVR ß 227ff., dazu noch für
Württemberg O, Bühler, Die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegenüber der
Kerwaltung im württemb. Recht (Tüb. Diss., 1911). — Im allgemeinen:
O. Mayer, VR 18 17; derselbe, Justiz und Verwaltung (Straßb. Rektorats-
rede, 1902); Fleiner, Instit. 8S 2, 16: Anschütz, Justiz und Verwaltung, in
der Kultur der Gegenwart 374 ff.; Stein, Grenzen und Beziehungen zwischen
Justiz und Verwaltung (1912); Vierhaus im VerwArch 11 23 ff.;, Kormann
im JahrbÖffR 7 1£.).
% Über Preußen: Loening, Gerichte und Verwaltungsbehörden 30 ff.;
Ähnliche Verhältnisse herrschten während des 17. und 18. Jahrhunderts in
Hannover: E. v. Meier, Hannoversche Verfassungs- u. Verwaltungsgeschichte
2 241 ff. und in manchen anderen deutschen Territorien, vgl. das. 248 ff