772 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 180.
Die Beschreitung des Rechtsweges gegenüber Ver-
fügungen der Verwaltungsbehörden ist nur zulässig, wo sie vom
Gesetze ausdrücklich gestattet wird 1%. Nach den Gesetzgebungen
der deutschen Staaten können die Gerichte angerufen werden, um
individuelle Ansprüche auf Entschädigung bei Eingriffen des
Staates in Vermögensrechte geltend zu machen, meist auch wegen
vermögensrechtlicher Ansprüche der Staatsdiener 2°. Die preußische
und sächsische Gesetzgebung lassen den Rechtsweg überhaupt
dann zu, wenn sich jemand bei Streitigkeiten über öffentliche
Rechte und namentlich bei der Befreiung von einer öffentlichen
Pflicht auf ein besonderes Gesetz oder einen speziellen Rechtestitel
beruft?!. Diese Bestimmungen haben in Preußen durch spätere
das Strafverfahren im Verwaltungswege in Zoll- und Reichssteuersachen,
vom 12. August 1888); Elsaß-Lothringen (G- betr. die Strafsachen der
Enregistrementsverwaltung, vom 28. Mai 1888). besteht ferner kraft reichs-
esetzlicher Vorschrift für die Postbehörden (RG über das Postwesen vom
38. Oktober 1871 88 3 ff.).
1° And. Ans.: das Reichsgericht, welches in Ermangelung entgegen-
esetzter Bestimmungen den Rechtsweg über die Frage, ob bei polizeilichen
erfügungen die objektiven Grenzen der Amtsbefugnisse einzuhalten sind
und ob eine öffentliche Abgabe rechtmäßig erhoben wird, für zulässig er-
achtet (Entscheidungen in Zivilsachen 6 204 ff., 5 3A ff.) Vgl. Gierke, Ge-
nossenschaftstheorie und Rechtsprechung 8. 179 N. 2.
20 Vgl. 8 150 S. 619 N, £.
31 In Preußen setzte die V. wegen verbesserter Einrichtung der
Provinzial-Polizei- und Finanzbehörden vom 26. Dezember 1808 $$ 36 ft. fest,
daß über wirkliche Majestäts- und Hoheitsrechte, über allgemeine in Gegen-
ständen der Regierungsgewalt ergangene Verordnungen und über die Ver-
bindlichkeit zur Entrichtung allgemeiner Anlagen und Abgaben kein Prozeß
zugelassen werde. Dagegen sollte inbezug auf polizeiliche Verfügungen
der Regierungen der Weg Rechtens unbedingt offen stehen, sobald entweder
die Verfügung einer ausdrücklichen Disposition der Gesetze ent-
egenlief oder die Klage auf einen speziellen Rechtstitel gegründet wurde.
[Vel Oppenhoff a. a. O. 1 ff., 127, 128.] Die Gesetzgebung der folgenden
rzehnte hat unter dem Einfluß französischer Anschauungen den Rechts-
weg sowohl auf dem Gebiete der Finanz- als auf dem der inneren Ver-
waltung wesentlich eingeschränkt (Loening a. a. O. 148 ff.) Insbesondere
bestimmte das G. über die Zulässigkeit des Rechtsweges in bezug auf polizei-
liche Verfügungen vom 11. Mai 1842, daß Beschwerden über polizeiliche
Verfügungen jeder Art vor die vorgesetzte Dienstbehörde gehörten. Eine
Beschreitung des Rechtsweges wurde nur zugelassen: 1. wenn jemand die
Befreiung von einer Verpflichtung auf Grund einer besonderen gesetzlichen
Vorschrift oder eines speziellen Rechtstitels behauptet, 2. wenn durch die
Verfügung ein Eingriff in die Privatrechte stattgefunden hat, für welchen
nach den gesetzlic en Vorschriften Entschädigung, gewährt werden muß,
über die Notwendigkeit und den Betrag dieser Entschädigung, 3. wenn
Privatpersonen untereinander darüber streiten, wenn von ihnen eine Ver-
flichtung obliegt. Diese Vorschriften sind bis jetzt in Kraft geblieben [mit
Ber Maßgabe, daß die Kognition über den vorstehend zu 1 angegebenen Fall
durch das LVG vom 30. Juli 1883 $ 127 den Verwaltungsgerichten über-
tragen worden ist. (Vgl. über das G. vom 11. Mai 1842 Loening a. a. O.
176 ff, und den ausführlichen Kommentar von Oppenhoff a. a. OÖ. 815 ff.].
Die für Sachsen maßgebenden Grundsätze enthält das G. über die Kom-
petenzverhältnisse zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden vom 28. Januar
1835 SS 7 u. 10. Vgl. dazu v. d. Decken im WStVR 8 297, 238.