Die Funktionen. 8 182. 183
für solche zum Ressort derselben gehörigen Sachen, bei welchen
mehrere Erivatpersonen oder Korporationen (einschließlich der
Gemeinden) sich als Beteiligte gegenüberstanden, waren mitunter
besondere Entscheidungsorgane eingesetzt oder wenigstens besondere
Vorschriften über das Verfahren gegeben®, Diese Streitigkeiten um-
faßten jedoch nicht bloß Angelegenheiten verwaltungsrechtlicher,
sondern meist auch Angelegenheiten privatrechtlicher Natur.
Die Gefahr einer parteimäßigen Handhabung der Verwaltungs-
befugnisse glaubte man vielfach am sichersten durch eine Unter-
ordnung der Verwaltung unter die Kontrolle der Gerichte be-
seitigen zu können. Gegen Rechtsverletzungen durch die Ver-
waltung sollte dem Einzelnen eine Klage bei den Gerichten, gegen
bloße Interessenverletzungen eine Beschwerde bei den höheren
Verwaltungsbehörden zustehen ®, Eine derartige Aufsicht der Justiz
doktrinelle und legislative Behandlung gewonnen? Ebendaselbst 12 893 ff.,
95 ff.; Pfeiffer, Praktische Ausführungen 8 208 ff.; H. A. Zachariä $ 149.
er vorstehende Schriftsteller vgl. auch Fleiner, Institut. 229, 280). In
iosem Streite dringen jedoch die Schriftsteller meist nicht zu völliger Klar-
heit durch, weil sie 1. zum Teil von der Ansicht ausgehen, die Verwaltung
werde nur nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit geführt, 2. nicht ge-
hörig scheiden zwischen der Rechtsprechung in eigentlichen Verwa tungs-
sachen und der Rechtsprechung der Verwaltungsbehörden in gewissen Zivil-
streitigkeiten. Unter dem Einfluß dieses Meinungsstreites kam $ 182 der
Reichsverfassung von 1849 zustande, welcher lautet: „Die Verwaltungs-
rechtspflege hört auf, über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte*.
Auch bei dieser Bestimmung hatte man vorzugsweise die Jurisdiktion der
Verwaltungsbehörden in Zivilsachen im Auge. Vgl. Fleiner a. a. O, 230;
Anschütz, Justiz und Verwaltung a. a. 0. 389.
5 Auf diesem Standpunkte stand bis in die neueste Zeit noch die Gesetz-
gebung des Königreichs Sachsen. Hier wurden die streitigen Verwaltungs-
sachen in erster Instanz teils von den Amtshauptmannschaften, teils von
den Kreishauptmannschaften entschieden, in der Rekursinstanz von einem
Kollegium, das aus dem Vorstand des betreffenden Ministeriums, zwei bei
demselben angestellten Räten und zwei Räten der oberen Justizstellen, welche
für diese Sachen fortdauernd deputiert sind, bestand (G., das Verfahren in
Administrativjustizsachen betr., vom 30. Januar 1835, G. die Verminderung
der Instanzen in Administrativgesetzsachen betr., vom 5. Januar 1870, G., betr.
die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung, vom 21. April 1873
3 6, 23, 31) [Diese Binrichtungen sind seit 1901 größtenteils beseitigt und
urch eine modern gestaltete erwaltungsgerichtsbarkeit nach dem Muster
der übrigen größeren deutschen Einzelstaaten ersetzt worden: Sächs. G.
über die Verwaltungsrechtspflege vom 19. Juli 1900. Über dieses (tesetz
d seinen Inhalt: Schulzenstein im VerwArch 9 307 ff.; Wengler im Arch-
FR 17 277 ff. Kommentar zu dem Gesetz von Apelt (Leipzig 1901), —
Das Administrativjustizverfahren findet jetzt nur noch in einigen wenigen
besonderen Verwaltungsangelegenheiten Anwendung, vgl. Apelt a. a. 0. 78.
© Die Hauptvertreter dieser Ansicht sind: Bär, Der Rechtsstaat;
L. v. Stein, Die Verwaltungslehre T. I Abs. 1 S. 367 ff., 409 ff.; Seydel, All-
gemeine Staatslchre 83 ff,; Gierke, Zeitschrift für die gesamte Staatswissen-
schaft 80 197; v. Stengel, Die Übertragung der Verwaltungsrechtsprechun
an die ordentlichen Gerichte, AnnDR 1875 1314 ff., Das Öffentliche Rech
und die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Elsaß-Lothringen, ebendas. 1876 808 ff. ;
832 ff.; K.J. Schmitt, Die Grundlagen der Verwaltungsrechtspflege im konstitu-
tionell-monarchischen Staate (1878). Weitere Vertreter dieser Gedanken-
richtung führt Loening im VerwArch 8 549, 550, 556 an. Zu ihnen gesellt