784 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 182.
über die Verwaltung würde jedoch nicht nur auf die Tätigkeit
der letzteren außerordentlich lähmend gewirkt haben, sondern
auch bei der überwiegend privat- und strafrechtlichen Bildung
der deutschen Richter die notwendige Einsicht in die Fragen des
Verwaltungsrechtes häufig haben vermissen lassen”.
Praktische Verwirklichung hat eine derartige Kontrolle der
Justiz über die Verwaltung, abgesehen von den früheren kur-
hessischen Einrichtungen®, in den deutschen Staaten (mit Aus-
nahme etwa der Hansastädte?) niemals gefunden. Dagegen sind
durch die neuere Verwaltungsgesetzgebung in den weitaus meisten
deutschen Staaten besondere Behörden für die Ausübung
der Rechtsprechung in Verwaltungsangelegenheiten, sogenannte
Verwaltungsgerichte, geschaffen worden. Die Möglichkeit
einer Verwaltungsgerichtsbarkeit lag erst vor, nachdem mit dem
Übergang aus der absoluten in die konstitutionelle Staatsordnung
eine gesetzliche Regelung und Beschränkung der Verwaltungs-
befugnisse eingetreten war. Den Verwaltungsgerichten liegt in
erster Linie die Aufgabe ob, die Einhaltung dieser ge-
setzlichen Vorschriften zu sichern; ihre Tätigkeit be-
schränkt: sich daher grundsätzlich auf solche Angelegenheiten, hin-
sichtlich deren die Befugnisse der Verwaltungsorgane durch ob-
jektive Rechtsvorschriften begrenzt sind. Diejenigen
Verwaltungsakte dagegen, welche die Verwaltungsbehörden nach
sich noch Preuß, Zur preußischen Verwaltungsreform (1910) 8. 63 fi... —
Dagegen: Gneist, Rechtsstaat 262 ff. und Verhandlungen des 12. deutschen
Juristentags, Sten. Bericht 231 ff.; Bluntschli, Verwaltungsrecht und Ver-
waltungsrechtspflege, Kritische Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und
BRechtswissenschaft 10 257 ff.; E. v. Meier in der Enzykl. (6. Aufl.) 731 ff.;
H. Schulze, Preuß. Staatsrecht $ 276, Der Rechtsschutz auf dem Gebiete
des öffentlichen Rechtes, Leipzi 1873; Ulbrich, Über öffentliche Rechte und
Verwaltungsgerichtsbarkeit 78; H. Rößler, Der österreichische Verwaltun
erichtshof nach dem Gesetze vom 22. Oktober 1875, Zeitschrift für das
ivat- und Öffentliche Recht der Gegenwart 4 201 ff.; v. Sarwey a. a. O.
81 fl.; Anschütz a. a. O. 389—892. Zum Vorstehenden vgl. auch Fleiner
8.2. 0. 228 ff.
? Die Auseinandersetzungen im Eingang des gegenwärtigen I aragraphen
genü en, um darzutun, daß man sich für den Vorschlag, die Verwaltung
er Justiz unterzuordnen, weder auf englische noch auf französische
Einrichtungen berufen kann. Dagegen ist der Grundsatz, daß über alle
durch die Verwaltung begangenen Rechtsverletzungen die Gerichte zu urteilen
haben, durch das italienische Gesetz vom 20. März 1865 aufgestellt,
wenn auch nicht ganz konsequent durchgeführt worden. Vgl. E. v. Meier
a. a. 0. 738 ff.; Heimburger in Grünhuts Zeitschrift für das Privat- und
öffentliche Recht der Gegenwart 18 314 ff.; v. Sarwey, Allgemeines Ver-
waltungsrecht, in Marquardsens Handbuch 168; Anschütz a, a. OÖ. 416 ff.;
Fleiner' a. a. O. 231 Anm. 12. Prinzipiell steht auf diesem Standpunkte auch
das belgische Recht. Doch ist der Grundsatz in demselben durch viele
Ausnahmen durchbrochen. -
8 Nel. 8 180 8. 767 Anm. 5.
® (Vgl. zur Orientierung über die dortigen Verhältnisse: Fleiner a. a, O.
231 N. 12, nebst Quellen- und Literaturangaben. In Lübeck ist seither
— G. vom 12. Dez. 1916 — Verwaltungsgerichtsbarkeit nach dem Vorbild
der anderen deutschen Staaten eingeführt worden; s. unten S. 786].