Die Funktionen, $ 1883. 795
[Die Reichsjustizgesetzgebung (Einführungsges, z.
RGVG $ 11 Abs. 1 setzte die landesgesetzlichen Bestimmungen,
durch welche die straf- oder zivilrechtliche Verfolgung öffentlicher
Beamten wegen der in Ausübung ihres Amts vorgenommenen
Handlungen an besondere Voraussetzungen gebunden ist, außer
Kraft, ließ jedoch — a. a. O. Abs. 2 — „unberührt
die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Ver-
folgung der Beamten entweder im Falle des Verlangens einer
vorgesetzten Behörde oder unbedingt an die Vorentscheidung
einer besonderen Behörde gebunden ist, mit der Maßgabe,
1. daß die Vorentscheidung auf die Feststellung beschränkt
ist, ob der Beamte sich einer Überschreitung seiner Amtsbe-
fugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegenden Amts-
handlung schuldig gemacht habe;
2. daß in den Bundesstaaten, in welchen ein oberster Ver-
waltungsgerichtshof besteht, die Vorentscheidung diesem, in den
anderen Bundesstaaten dem Reichsgerichte zusteht.“
Von der vorstehenden reichsgesetzlichen Ermächtigung haben
Gebrauch gemacht die Landesgesetzgebungen Preußens*, Bayernsb,
Badens°, Hessens, der beiden Mecklenburg® und Elsaß-Loth-
Gravenhorst und den Kommentar bei Oppenhoff, Bessortverhältnisse
(2. Aufl) 395 ff.
s (}., betr. die Konflikte bei gerichtl. Verfolgungen wegen Amts- und
Diensthandlungen vom 19. Febr. 1854, dazu der zur Ausführung von EGVG
8 11 Abs. 2 ergangene $ 114 LVG. Danach kann, wenn gegen einen (nicht-
richterlichen) Beamten aus Anlaß seiner dienstlichen Tätigkeit eine gericht-
liche Verfolgung im Wege des Zivil- oder Strafprozesses eingeleitet worden
ist, die vorgesetzte Zentral- oder Provinzialbehörde des Beamten „den Kon-
Nikt erheben“, d.h. die Vorentscheidung des OVG gemäß EGVG 8 11 Abs. 2
verlangen. Kommentar zu dem G. vom 13. Febr. 1854 bei Oppenhoff, Ressort-
verhältnisse 395 ff.; im übrigen vgl. die oben Anm. 1 an egebenen Schriften
von Nadbyl, Gravenhorst, Loening. — Das G. vom 18. ebr. 1854 findet
auch auf Personen des Soldatenstandes Anwendung, falls diese aus Anlaß
ihrer dienstlichen Tätigkeit bei anderen als Militärgerichten belangt werden,
Die Vorentscheidung steht nach $ 6 des Gesetzes in diesem Falle dem
Militärjustizdepartement zu. Die Staatsregierung hält diese Bestimmung
auch angesichts des $ 11 Abs. 2 EGVG noch für geltend; sicher mit Un-
recht, denn unter „Beamten“ im Sinne des $ 11 EGVG (wie auch schon im
Sinne von Art. 97 preuß, Verf.) sind auch alle Militärpersonen zu verstehen.
Auch in Soldatenprozessen steht in Preußen die Vorentscheidung gemäß
8 11 EGVG dem OVG zu. Diese richtige Ansicht ist ausführlich begründet
von Jastrow, VerwArch 4 886ff,, dem Loening, Gerichte und Verwaltungs-
behörden 317, 318 zustimmt. A. M. Stölzel, Förster-Eccius, Mügel, Loewe u.a.
(vgl. nähere Angaben bei Loening a. a. O. 318 Anm, 2
b VerwGerG vom 8. August 1878, Art. 7 in der assung des Art. 165,
AusfG. z. BGB vom 9. Juni 1899. Die Vorentscheidung findet hier nur in
Zivilprozessen gegen Beamte (oder gegen das Gemeinwesen, dem der Be-
amte dient, vgl. 8. 796 Anm. g) wegen Amtspflichtverletzung statt, und zwar
ist sie — abweichend vom preuß. Recht — nicht von der vorgesetzten Be-
hörde des Beklagten, sondern vom Kläger herbeizuführen. Vgl. v. Seydel-
Piloty a. a. O. ff. .
e &. vom 24. Febr. 1880 Art. 9-11, G. vom 14. Juni 1884 $ 46. Die
Vorentscheidung ist nur auf Verlangen des vorgesetzten Ministeriums er-
forderlich. Die Bestimmung findet bei strafrechtlicher Verfolgung auf alle