Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 189. 813 
zerfallen hinsichtlich der von ihnen geforderten Mitwirkung der 
Volksvertretung bei Staatsverträgen in zwei Gruppen. 
e) Ein Teil der Verfassungen monarchisch regierter Staaten 
enthält tiber die Mitwirkung des Landtags bei taafsvorträgen 
keineBestimmungen. In diesen ist der Monarch befugt, den 
Staat völkerrechtlich zu verpflichten; er bedarf dazu keiner Ge- 
nehmigung des Landtages*., Dagegen wird eine solche Mitwirkung 
dann erforderlich, wenn zur Ausführung des Vertrages im Innern 
des Staates entweder gesetzgeberische Anordnungen oder budget- 
mäßige Bewilligungen sich als notwendig herausstellen. Die Zu- 
stimmung des Landtages kann entweder dadurch eingeholt werden, 
daß ihm der Vertrag selbst zur Genehmigung unterbreitet oder 
daß ihm eine zur Ausführung desselben bestimmte Gesetzes- oder 
Budgetvorlage zur Beschlußfassung vorgelegt wird. 
) Die Verfassungen anderer monarchisch regierter Staaten 
und die Verfassungen der Freien Städte verlangen dagegen für 
gewisse Staatsverträge die Genehmigung des Landtages 
bzw. der Bürgerschaft?®. Als solche werden namentlich 
Handelsverträge und Verträge, in denen es sich um Übernahme 
von Lasten auf den Staat oder seine Angehörigen, um Veräußerung 
von Staatseigentum und dergleichen handelt, aufgeführt. Die 
F'rage, welche Bedeutung diese Genehmigung hat, kann nur nach 
Maßgabe der einzelnen Verfassungsvorschriften für jeden Staat 
speziell beantwortet werdenb. Die meisten der in Frage kommenden 
Verfassungen sind so aufzufassen, daß von der Zustimmung der 
Vertretung lediglich die staatsrechtliche Wirksamkeitdes 
Vertrages abhängig sein soll”. Das Staatsoberhaupt besitzt die 
.  * [Hierher gehören folgende deutsche Einzelstaaten: Bayern, Sachsen, 
Baden, Hessen, Sachsen- Weimar, Meiningen, Altenburg, Schwarzburg- 
Rudolstadt, Reuß &. L., Lippe. Vol. über Bayern v. ydel-Grassmann 
a. a. 0. 3 630 ff., Sachsen O. Mayer, Sächs. StR 189 ff., Baden Walz, bad. 
StR 490, 491, Hessen van Calker, Hess. StR 292-294. Zusammenfassend: 
Anschütz, Enzykl. 173, Rieß, Die Mitwirknng der gesetzgebenden Körper- 
schaften bei Staatsverträgen, 51 ff. . . 
5 Preuß. Verf. Art. 48, Württ. Verf. Art. 85, S.-Kob.-Goth. StGG 8 128 
Old. StGG Art. 6, Anh. LO. $ 19, Schw.-Sondh. LGG $ 42, Renß j. L. StGd 
5, Schaumb.-Lipp. Verf. Ärt. 9, Wald. Verf. $ 11, Lüb. Verf. Art, 50, 
amb. Verf. Art. 62, Brem. Verf. 85 57u.58. 
6 Die preuß. Verf. Art. 48 erfordert die Zustimmung der Kammern zu 
Verträgen, „sofern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem Staate 
Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt werden“, 
Darunter sind finanzielle Lasten und solche Pflichten, welche verfassun 
mäßig nur durch Gesetze begründet werden können, zu verstehen. Vogl. 
Gneist a. a. O. 362; E. Meier a. a. O. 294; Proebst a. a. O. 326 ff.; Tinsch 
a. a. O. 17; Arndt, Komm. z. preuß. Verf., Note 7 zu Art. 48; Anschütz, 
Gegenwärtige Theorien 172, 173 und Enzykl. 173, 174. Eine weitergehende 
Interpretation versucht v. Roenne, Preußisches Staatsrecht (4. Aufl.) 1 686 ff. 
Ebenso Laband 2 194 N. 1, Triepel, Völkerrecht u. Landesrecht 286 ff., 
Schoen a. a. O. 414. 
? Nur die angeführten Bestimmungen der Koburg-Gothaer, Lübecker 
und Hamburger Verfassung fordern Genehmigung des Landtares, bzw. der 
Bürgerschaften als Voraussetzung für die völkerrcchtliche Legitimation zum
	        
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