Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

816 Zweiter Teil. Drittes Buch, $ 189. 
lichen Vertretung des Staates berufene Organ kraft seiner völker- 
rechtlichen Befugnisse die Möglichkeit, dieselben durch Kündigung 
des Vertrages zu beseitigen !!. 
2. Außer den Staatsverträgen bedürfen noch einige andere 
völkerrechtliche Akte der Genehmigung des Landtages, 
namentlich Gebietsveränderungen (vgl. oben $ 742 S, 239 ff.) 1? 
und Übernahme der Regierung eines fremden Staates 
durch den Monarchen !®, Völkerrechtliche Veränderungen dieser 
Art können entweder durch Verträge oder auf anderem Wege 
(durch Eroberung, Erbanfall usw.) vor sich gehen. Im ersteren 
Falle bedarf es nicht der Genehmigung des Vertrages durch die 
Volksvertretung, es genügt auch der Erlaß eines besonderen Ge- 
setzes, welches dem Inhalt des Vertrages verbindliche Kraft ver- 
leiht, Im letzteren Falle ergibt sich der Weg der Gesetzgebung 
von selbst als der für die rechtliche Anerkennung der betreffenden 
Tatsachen einzig mögliche !#, 
Wo der Monarch in Ausübung seiner völkerrechtlichen Be- 
fugnisse handelnd auftritt, da erscheint er als Repräsentant seines 
ıı Heilborn, Der Staatsvertrag als Staatsgesetz im ArchÖffR 12 141 f. 
behandelt die Staatsverträge als eine besondere Art von Gesetzen, die sog. 
Vertragsgesetze, für deren Entstehung und Aufhebung Grunäsätze gelten 
sollen, welche von den für gewöhnliche Gesetze maßgebenden abweichen. 
Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Die Verträge sind keine besondere 
Art von Gesetzen, sondern bleiben, auch wenn sie im Staate eingeführt sind, 
doch immer Verträge. Sie haben nur infolge der Genehmigung der gesetz- 
benden Organe die Kraft und Verbindlichkeit von Gesetzen, Gegen Heil- 
Born auch Triepel, Völkerrecht und Landesrecht 389 N. 1. 
12 Preuß. Verf. Art, 2, Sächs. Verf. $ 2, Württemb. Verf. $ 85, S.-Weim. 
RGG 84 Nr. 7, S.-Mein. G., betr. die Zuständigkeit bei Veränderung der 
Landes- und der Kreisgrenzen, vom 18. Jan. 1894 Art. 1, Braunschw. NLO 
ä 1, Anh. LO $ 19, Old. StGG Art. 3, Reuß ä. L. Verf. $ 2, Reuß j. L. 
tGG 8 4, Schaumb.-Lipp. Verf. Art. 1, Wald, Verf. $ 2. Auch diejenigen 
Verfassungen, welche das Zustimmungsrecht der Land nicht direkt aus- 
sprechen, enthalten Festsetzungen über die Unteilbarkeit und Unver- 
äußerlichkeit des Staatsgebietes, welche eine Genehmigung der verfassungs- 
gebenden Faktoren wenigstens dann als notwendig erscheinen lassen, wenn 
ebietsabtretungen an einen fremden Staat erfolgen. [Übereinstimmend 
Anschütz, Enzykl. 79. Rieß a. a. O. 17ff. fordert zu allen Gebiets- 
veränderungsverträgen, auch zu erwerbenden, die parlamentarische Zu- 
stimmung.] Über die in dieser Beziehuug notwendige Mitwirkung der 
Reichsgewalt vgl. $ 164 S. 695 Anm. 5, 
18 Preuß. Verf. Art. 55: „Ohne Einwilligung der Kammern kann der 
König nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein“. Die Bestimmun - 
zieht sich, wie aus der Entstehungsgeschichte des Artikels hervorgeht, ledig- 
lich auf außerdeutsche Staaten. Vgl. v. Roenne, Preußisches Staatsrecht 
(4. Aufl.) 1 162 ff.; Bornhak, Preußisches Staatsrecht 1 187; Arndt, Komm, 
z. preuß, Verf, 221; v. Stengel in Marquardsens Handbuch 97; Schwartz, 
Preußische Verfassungsurk. 158. 
ı* Für beide Fälle bilden die preußischen Einverleibungen des Jahres 
1866 Beispiele dar: für den ersteren die Schleswig-Holsteins, sowie der ab- 
getretenen bayrischen und hessischen Gebietsteile, für den letzteren die von 
annover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt.
	        
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