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Fällen haben die Gemeinde- bzw. Polizeibehörden das Recht be-
halten, jemand den Aufenthalt an bestimmten Orten anzuweisen
oder zu untersagen.
Die Armenunterstützung war im Mittelalter sum Teil
Sache der Kirche, zum Teil der Gemeinden, Gilden und Innungen.
Seit der Reformation beginnt dieselbe allgemein ein Gegenstand
der Gemeindetätigkeit zu werden. Schon im sechzehnten Jahr-
hundert bestimmten verschiedene Reichsgesetze, daß jede Gemeinde
ihre Armen selbst ernähren und unterhalten solle. Dasselbe ord-
neten in dieser Zeit einzelne Landesgesetze an. Eingehender be-
schäftigte sich die Landesgesetzgebung seit dem dreißigjährigen
Kriege infolge des überhandnehmenden Bettels mit dem Armen-
wesen. Die Pflicht zur Armenunterstützung blieb auch jetzt eine
Gemeindelast. * Doch fand erst seit Ende des achtzehnten oder
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts eine genauere Regelung
derselben statt. In dieser Beziehung waren zwei Systeme zu unter-
scheiden. Nach den meisten deutschen Gesetzgebungen beruhte
die Pflicht zur Armenunterstützung auf dem Heimatsrecht,
welches durch Geburt, Verehelichung und Verleihung seitens der
Gemeindeorgane erworben wurde. Die preußische Gesetzgebung
dagegen ließ dieselbe beim Vorhandensein gewisser gesetzlicher
Voraussetzungen schon durch den bloßen Wohnsitz entstehen.
Das letztere System ist durch das Reichsgesetz über den Unter-
stützungswohnsitz auf ganz Deutschland ausgedehnt worden. Als
Organe der öffentlichen Unterstützung Hilfsbedürftiger erscheinen
die Orts- und Landarmenverbände; erstere bestehen aus einer
oder mehreren Gemeinden, letztere aus den Einzelstaaten oder
weiteren Kommunalverbänden.
Dem Bereiche des Heimats- und Niederlassungsrechtes gehört
auch das Verehelichungswesen, d.h. diejenige Tätigkeit,
der Verwaltungsbehörden an, welche die Abschließung von Ehen
im öffentlichen Interesse überwacht und beschränkt. Nach älterem
Recht war die Abschließung von Ehen meist von einer besonderen
Erlaubnis der Polizei- und Gemeindebehörden abhängig. Nach-
dem diese Bestimmungen durch die Reichsgesetzgebung für Reichs-
angehörige beseitigt sind, haben die betreffenden Verwaltungs-
funktionen ihre Bedeutung wesentlich verloren und nur noch für
Ausländer eine solche in beschränktem Umfange bewahrt®,
3. Die Beziehungen der Personen zu Staat und Reich finden
in dem Rechtsverhältnis der Reichs- und Staatsangehörig-
keit ihren Ausdruck. Gegenstand der Verwaltungstätigkeit bildet
das Rechtsverhältnis der Reichs- und Staatsangehörigkeit nur in-
8 Auf Bayern finden die reichsgesetzlichen Bestimmungen keine An-
wendung. Es gilt jedoch in der bayrischen Pfalz ebenfalls der Grundsatz
der Verehelichungstreiheit. Nur im rechtsrheinischen Bayern ist aus ge-
wissen gesetzlich fixierten Gründen ein Einspruch der Behörden gegen eine
beabsichtigte Verehelichung zulässig.