344 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 196.
mehr als eines Kontingents befehligen, sowie alle Festungs-
koınmandanten zu ernennen, Recht der Zustimmung bei der Er-
nennung von Generalen durch die Kontingentsherren) und das
Recht, Festungen anzulegen (Art. 65).
Rechtlich und tatsächlich in engem Zusammenhaug mit der
dem Kaiser zustehenden obersten Heeresleitung steht das ihm
durch die RVerf. Art. 63 Abs. 3 übertragene Inspektions-
recht. Dieses Recht ist nichts anderes als ein Ausschnitt der
dem Reiche im Hinblick auf Art. 4 Ziff. 14 RVerf. gebührenden
Aufsichtsgewalt über die Einzelstaaten in militärischen Angelegen-
heiten, besonders gestaltet und über die der Reichsaufsicht sonst
gezogenen Schranken hinaus gesteigert durch Art. 63 Abs. 315,
Über das Sonderrecht Bayerns vgl. unten 855, 856.
Ferner steht dem Reiche ausschließlich zu:
4. Die Bestimmung der Stärke des deutschen
Heeres und seiner Kontingente, der Friedenspräsenzstärke
(vgl. unten 198), des Präsenzstandes (oben $ 843) und des Ersatz-
bedarfes !°;
5. die Aufbringung und Tragung der Kosten des
Heereswesens und — im Zusammenhange hiermit — die
Feststellung des Militäretats (vgl. unten $ 209 S. 921 ff.);
6. das Eigentum an allen dem dienstlichen Ge-
brauche der Heeresverwaltung gewidmeten — be-
weglichen und unbeweglichen — Sachen”,
15 Art, 63 Abs. 3 RV berechtigt und verpflichtet den Kaiser, „sich
jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen Kontingente
zu überzeugen und die Abstellung der dabei vorgefundenen Mängel an-
zuordnen“. Dieses militärische Inspektionsrecht unterscheidet sich von dem
Normalrecht der Reichsaufsicht (vgl. unten $$ 2123, 212) dadurch, daß es,
unter Ausschaltung des Bundesrates (RV Art. 7 Ziff. 3) allein dem Kaiser über-
tragen ist, daß infolgedessen der Kaiser die von ihm vorgefundenen Mängel
nicht nur festzustellen, sondern auch abzustellen befugt ist, und daß die
Aufsicht sich hier nicht nur auf die richtige Ausführung der Reichsgesetze
(RV Art. 17: „Überwachung der Ausführung derselben“), sondern weiter-
gehend darauf erstreckt, „daß innerhalb des deutschen Heeres alle Truppen-
teile vollzählig und kriegstüchtig vorhanden sind und daß Einheit in der
Organisation und Formation, in Bewaffnung und Kommando, in der Aus-
bildung der Mannschaften, sowie in der Qualifikation der Offiziere hergestellt
und erhalten wird“ (Art. 63 Abs. 3). Vgl. die eingehende Darstellung des
kaiserlichen Inspektionsrechts bei Triepel a. a. O. Ey fl.
16 Der Ersatzbedarf ist die Zahl von Heeresdienstpflichtigen, deren Ein-
stellung alljährlich erforderlich ist, um den Präsenzstanz aller Kadres der
Friedensformation zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Der Ersatzbedarf
wird jedes Jahr für das ganze Heer (mit Ausnahme des bayer. Kontingents)
vom Kaiser festgesetzt und auf die Armeekorpsbezirke durch die Kriegs-
ministerien verteilt. RG betr. die Ersatzverteilung vom 26. Mai 1893. Vgl.
Laband 4 52 ff.
17 RG über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauch einer
Reichsverwaltung besimmten Gegenstände vom 25. Mai 1873 (sog. Reichseigen-
tumsgesetz),. Vgl. unten 8. 907 Anm. 5 921 Anm. s». Nach diesem Gesetz ist
der Militärfiskus übernli — ausgenommen in Bayern — nicht Jandcs-, sondern
Reichsfiskus. Vgl. Laband 4 339 und die dort Anm. 5 angegebene Literatur.