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und sächsische Truppen gehören, so sind die Ressortverhältnisse
durch eine besondere Instruktion geregelt worden®;
2. das Kontingent des Königreichs Sachsen und
3. das Kontingent des Königreichs Württemberg.
Das sächsische Kontingent besteht aus zwei Armeekorps, das
württembergische aus einem Armeekorps; beide Kontingente haben
ihre eigenen Fahnen und Feeldzeichen und selbständige Verwaltung,
welche von den Kriegsministerien in Dresden und Stuttgart ge-
führt wird. Im wesentlichen gelten in bezug auf diese Kon-
tingente die Bestimmungen der Reichsverfassungd, welche je-
doch in einzelnen Beziehungen durch Konventionen modifiziert
worden sind.
In der Konvention mit Sachsen vom 7. Februar 1867° hat
sich der König von Preußen verpflichtet, von dem ihm zustehenden
Dislokationsrecht nur im Interesse des Bundesdienstes Gebrauch zu
machen, Dem König von Sachsen ist bei Ernennung des Höchst-
kommandierenden ein Vorschlagsrecht eingeräumt und Sachsen
eine ständige Vertretung im Bundesratsausschuß für das Landheer
und die Festungen zugesichert worden ®,
Etwas größere Abweichungen von dem Normalrecht der
Reichsverfassung enthält die Konvention mit Württemberg vom
* Instr. vom 10. April 1872; abgedruckt in dem Werke: „Die Militär-
gesctze des Deutschen Reiches“ a. a. O. 182ff. [Als „Kaiserliches Kon-
tingent“ faßt Bielefeld a. a. O. 300 ff, die reichsländischen Truppen auf.
Diese Ban} ist für Elsaß-Lothringen ebenso unrichtig wie für Baden;
vgl. oben N. 2.
8 d Daß die militärrechtlichen Vorschriften der Reichsverfassung „auf
Württemberg ebensowenig wie auf Bayern anwendbar“ sein sollen, be-
hauptet Dambitsch, Komm. z. RV 618. Diese Behauptung ist, soweit sie
sich auf Württemberg bezieht, völlig unbegründet, RV Art, 57—68 gelten
auch in Württemberg, soweit sie nicht (was nur in vereinzelten Beziehungen
der Fall ist) durch die Militärkonv. vom 25. Nov. 1870 abgeändert sind.
5 Abgedruckt in Glasers Archiv des Norddeutschen Bundes Heft III
8. 44 fl.. „Die Militärgesetze“ a. a. O. 66 ff.
6 Die Rechtsgültigkeit der letzten Bestimmungen ist allerdings zweifel-
haft, Da die Konvention vor Feststellung der norddeutschen Bundesverfassung
abgeschlossen ist, so hat das nachherige Inkrafttreten dieser die Folge ge-
habt, daß die verfassungsmäßigen Bestimmungen an Stelle der vertrags-
mäßigen getreten sind. Insoweit daher die Vorschriften der Verfassung
denen der Konvention widersprechen, wie es hinsichtlich der hier beregten
Punkte der Fall ist, sind letztere durch erstere für aufgehoben zu erachten.
Die vertragsmäßigen Bestimmungen repräsentieren nur einen tatsächlichen
modus vivendi, von dem allerdings preußischerseits nicht leicht abgegangen
werden wird nnd aus dem sich allmählich ein Gewohnheitsrecht entwickeln
kann. Vgl. Haenel. Vertragsmäßige Elemente 247 ff., Deutsches Staater.
1 492 N. 5; Zorn, Staater. 2 526 ff.; Leuthold, Sächsisches Staatsrecht in
Marquardsens Handb. 214 N. 3; Tepelmann a. a. O. 50. — Anderer Ausicht
Laband 4 31, 32; Brockhaus a. a. OÖ. 174 ff.; Fricker, Sächsisches Staatsrecht
19 -#.; Seydel, Kommentar 881 ff; Gümbel a. a. O. 184; Gau a. a. O. 55fl.
/berzeugend erscheint Labands und Seydels Hinweis darauf, daß die sächs.
ilitärkonvention nichts enthalte, was nicht mit der RV bestehen könne
und daß da, „wo sie überhaupt den Bestimmungen der RV besondere Ver-
abredungen hinzufügte, diese sich im Umkreise dessen bewegten, was der
Bundesfeldherr für sich allein zu verfügen in der Lage wäre.®)