Die Funktionen. $ 204. 879
an der Feststellung des Staatshaushaltsplans (Etats)
oder Budgets zu.
1. In England? war im Laufe des Mittelalters der Grund-
satz zur Anerkennung gelangt, daß Steuern nur mit Bewilligung
des Parlaments erhoben werden könnten. Die parlamentarischen
Bewilligungen erfolgten ursprünglich in einer einzigen Summe..
Um die Verteilung derselben auf die einzelnen Verwaltungszweige
pflegte sich das Parlament nicht zu kümmern, Erst seit 1666 und
namentlich seit 1688 fing man an, den Bewilligungen sogenannte
Appropriationsklauseln hinzuzufügen. Nach diesen durfte über
die bewilligten Summen nur zu den bestimmten Zwecken, für
welche sie bewilligt waren, verfügt werden. Im achtzehnten Jahr-
hundert faßte man die gesamten Bewilligungen in einer Parla-
mentsakte zusammen und fügte dieser eine Generalappropriations-
klausel hinzu. So entstand aus dem bloßen Steuerbewilli-
gungsrechte des Parlamentes ein Budgetrecht im modernen
Sinne. Gleichzeitig wurde aber eine Reihe von Einnahmen und
Ausgaben durch Gesetze dauernd fixiert. Die gesetzlich fest-
stehenden Einnahmen und Ausgaben bilden nicht
Gegenstand parlamentarischer Bewilligung. Alle
Haupteinkünfte des Staates sind zu einem besonderen Fonds, dem
consolidated fund, vereinigt. In diesen fließen kraft des Gesetzes
die gesetzlich feststehenden Einnahmen, und auf ihm lasten kraft
Gesetzes die gesetzlich feststehenden Ausgaben. Dagegen werden
die gesetzlich nicht feststehenden Ausgaben jährlich vom Parlament
bewilligt und auf den consolidated fund angewiesen. Die Be-
willigung erfolgt in der Regel durch mehrere Gesetze; schließlich
werden aber die Gesamtbewilligungen in einem einzigen Gesetze,
StR, 2. Aufl., 2 83 249 f., v. Seydel-Graßmann, Bayer. StR 2 88 184 ff. ($ 184
Anm. 1 Angaben über bayerische Spezaalliteratur); Haenel, Das Gesetz im
formellen und mat. Sinne 291 ff.; v. Roenne-Zorn, Preuß. StR 8 91 ff.; Bornhak,
Preuß. StR 8 596 ff.; Fricker, Ztschr f. Staatswiss. 50 381 ff.; Arndt, ArchÜffR
8 583 ff., Staatsr. 329 ff, Komm. z. preuß, Verfass. 325 ff.; Zorn, StR 1 436 ff,
AnnDR 1589 363 ff.; M. v. Heckel, Das Budget (1898); Anschütz, Enzykl.
185 ff.; Rehm, AnnDR 191 641ff.; O. Mayer, Sächs. StR 193 ff.; van Calker,
Das badische Budgetrecht, I. Teil (1901); Art. Staatshaushalt (0. Schwarz
und Arndt) im WStVR 8 480ff. Weitere Angaben bei Laband 4 522, 523
nm., 879.
2 R. Gneist, Englisches Verwaltungsrecht 2 714 ff., Gesetz und Budget
91 f.; Jellinck, Gesetz und Verordnung 130 ff,; May, Parliamentary practice
chap. 21; Dicey, Lectures introductory to the law of constitution 3819; Anson,
The law and custom of the constitution 237, 247. [Eine ncue, ebenso ein-
gehende wie selbständige Darstellung des englischen Budgetrechts gibt
atschek, Engl. StR 1 455 ff., beachtenswert namentlich durch ihre kritische
Haltung gegenüber den einschlägigen Arbeiten Gneists, dessen Anschau-
ungen über Budget und Budgetrecht in England hier noch ungleich schärfere
Angriffe als seinerzeit von seiten Jellineks a. a. O. erfahren und in wesent-
lichen Punkten, wie zum Beispiel betrefis der vermeintlichen, aber nicht
vorhandenen Bindung des geldbewilligenden Parlaments an allgemeine Ge-
setze und frühere Parlamentsbeschlüsse, als berichtigt gelten dürfen, Vgl.
auch Hatschck, Das Staatsrecht des Vereinigten Königreichs Großbritannicn-
Irland (1914) 70 ff.].