Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

884 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 204a. 
als der Landtag rechtlich notwendige Ausgaben, d.h. solche, 
die erforderlich sind, um den Vollzug der Gesetze, die Herstellung 
und Erhaltung gesetzlich notwendiger Einrichtungen und die Er- 
füllung der Rechtspflichten des Staates gegen Dritte zu ermög- 
lichen, anerkennen muß, während er allerdings w.illkürlichen, 
d. h. solchen Ausgaben, deren Leistung durch keine rechtliche 
Notwendigkeit geboten ist, die Anerkennung und damit der Re- 
gierung die Ermächtigung versagen kann, zu ihrer Bestreitung 
nicht sowohl die bewilligten Steuereinnahmen, als überhaupt Staats- 
mittel zu verwenden („in jeder Ausgabe steckt Steuergeld“), mit 
andern Worten, die betreffenden Ausgaben überhaupt zu machen. 
Allen hier erörterten Verfassungen gemeinsam ist der Satz, 
daß die Stände „die Bewilligung der Steuern nicht an Bedingungen 
knüpfen dürfen“®. Diese Vorschrift besagt: nur eine Bedingung 
ist mit der Steuerbewilligung, und zwar kraft Gesetzes von selbst, 
verbunden: die, daß die bewilligten Steuern ebenso wie alle andern 
Staatseinnahmen nur für die im Staatshaushaltsplan vorgesehenen 
Ausgaben verwendet werden dürfen; jede weitere Bedingung, die 
der Landtag hinzufügen würde (z. B. Entlassung eines Ministers, 
Besetzung einer neu bewilligten Stelle mit einer bestimmten Person, 
Aufhebung eines bestehenden Gesetzes), wäre unzulässig und un- 
gültig. Das Steuerbewilligungsrecht ’soll nicht dazu gebraucht 
werden, um der Regierung Zugeständnisse abzuzwingen, deren 
Gegenstand außerhalb des Budgetrechts liegt. 
Kommt zwischen Regierung und Landtag eine Einigung über 
das Budget und daraufhin die Steuerbewilligung zustande, so wird 
hierdurch das Budget zur bindenden Norm für die Führung des 
Staatshaushalts durch die Regierung während der betreffenden 
Haushaltsperiode.e Kommt keine Einigung zustande, so können 
die zuletzt bewilligten Steuern während eines bestimmten Zeit- 
raums noch weiter erhoben werden (oben Anm. 5)!°%. Die Grund- 
sätze, nach denen der Staatshaushaltsplan aufzustellen ist, sind in 
einigen Staaten durch Gesetz festgestellt!!. 
Im Vorstehenden ist das Budgetrecht der Volksvertretung ge- 
zeichnet, so wie es sich nach dem Text der Verfassungen 
der in Betracht gezogenen Staaten vorstellte Es darf nun aber 
nicht verkannt werden, daß in einigen dieser Staaten das jetzt 
geltende Recht gegenüber dem Verfassungstext wesentlich ver- 
änderte Züge aufweist. Zwar in Bayern und Sachsen wird an 
der verfassungsmäßigen Gestaltung des Budgetrechts, wonach dem 
® Belege s. 0. Anm. 2, 
10 Vgl. im übrigen über das Nichtzustandekommen des Budgets unten $ 207. 
11 Sächs. Ges. den Staatshaushalt betr. vom 1. Juli 1904; Bad. @. über 
den Staatsvoranschlag und die Verwaltung der Staatseinnahmen und -aus- 
gaben (Etatgesetz) vom 24. Juli 1888; Hess. G. über die Verwaltung der Ein- 
nahmen und Ausgaben des Staates betr. vom 14. Juni 1879; S.-Mein. G. 
vom 9. Juli 1879 @0. Febr. 1894). In Bayern ist der Gegenstand durch Ver- 
ordnung geregelt: Bek. des Finanzmin. vom 23. Juni 1907, vgl. Seydel- 
Graßmann a. a. O. 128 N. 3.
	        
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