Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 205. 893 
willigung, sondern nur eine Anerkennung derselben®. Zu diesen 
rechtlich notwendigen Ausgaben gehören die an das Reich zu 
zahlenden Matrikularbeiträge, die Dotation der Krone, die Auf- 
wendungen für die kraft gesetzlicher Anordnung bestehenden Be- 
hörden und Anstalten, die auf Gesetz oder rechtsverbindlichen 
Zusicherungen beruhenden Dienstbezüge der Beamten, sowie alle 
Leistungen des Staates an Dritte, welche auf einem privatrecht- 
lichen Titel beruhen, z. B. die Zinsen der Staatsschulden. Für 
die Leistung von rechtlich nicht notwendigen („willkürlichen“) 
Ausgaben bedarf die Regierung der Bewilligung des Landtages. 
Neue Amter, mit denen ein Gehalt verbunden ist, können daher 
ohne Genehmigung desselben nicht errichtet werden®. Der Um- 
stand, daß eine Ausgabeposition in einen früheren Etat auf- 
genommen ist, verpflichtet den Landtag nicht, sie in den künftigen 
aufzunehmen, sofern ein gesetzlicher Titel für die Ausgabe nicht 
besteht”. 
Ebenso sind in den Einnahmeetat alle gesetzlich fest- 
stehenden Einnahmen aufzunehmen. Diese Aufnahme hat 
nicht den Charakter einer Bewilligung, sondern den einer Ver- 
anschlagung oder Deklaration®. Gesetzlich feststehend ist der weit- 
aus größte Teil der Staatseinnahmen; namentlich 1. der privat- 
rechtliche Erwerb des Staates, dessen Ergebnisse wesentlich von 
geschäftlichen Konjunkturen abhängen; 2. die Gebühren; in den 
6 Im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung behauptet Haenel 
a. a. O. 328, durch die Aufnahme in das Budget würden die Ausgaben in 
Beziehung zu einem Gesamtplan gebracht und erhielten dadurch eine neue 
und spezifische rechtliche Qualifikation. Mit dieser Behauptung wird aber 
eine besondere Rechtswirkung des Etats für die gesetzlich bestehenden Aus- 
gaben nicht nachgewiesen; ihre Aufnahme in den Gesamtplan hat keine 
Ne als der Gesamtplan überhaupt besitzt. Über letztere 
vgl. .1 
& Überhaupt können Organisationen, die mit Ausgaben verbunden sind, 
nicht in Vollzug gesetzt werden, bevor diese Ausgaben vom Landtage be- 
willigt sind. Die Organisations ewalt der Regierung (oben $ 159, S. 670, 671) 
ist durch das Budgetrecht des Landtags beschränkt, nicht umgekehrt. Vgl. 
die gesetzliche Festlegung dieses Grundsatzes in Baden (Etatsgesetz vom 
24. Juli 1888 Art. 14, 38), Hessen (G. vom 14. Juni 1879, Art. 14). erein- 
stimmend: v. Rönnc, Preuß. Staatsr. (4. Aufl.) 1 424; Arndt, Komm. z. Verf. 
194; Bornhak, Preuß. StR (2. Aufl.) 1 486 (anders 1. Aufl. 1 460 fl.); v. Seydel- 
Piloty, Bayer. StR 1 321, 322; v. Sarwey, Württ. StR 2 521 ff. Im Sinne 
des Textes hat sich auch die preuß Staatsregierung im Jahre 1869 im Herren- 
hause ausgesprochen; vgl. oben $ 159 S. 670 Anm. 5. 
? Eine entgegengesetzte Bestimmung enthält das S.-Alt. GG $ 203. 
8 Hacnel a. a. O. 317 behauptet, in bezug auf die gesetzlich fest- 
stehenden Einnahmen enthalte das Budget eine Appropriation, d. h. die 
Finanzverwaltung empfange dadurch das Recht, über diese Einnahme für 
Zwecke der Ausgaben zu verfügen, sowie die Pflicht, sie dafür bereit zu 
halten. Aber dieses Recht und diese Pflicht beruhen nicht auf dem Ein- 
nahme-, sondern auf dem Ausgabebudget. Der Ausdruck Appropriation 
ist dem englischen Staatsrecht entnommen, er bedeutet auch dort nicht Be- 
willigung von Einnahmen, sondern Festsetzung der Ausgaben, für 
welche die bewilligten Einnahmen verwendet werden sollen.
	        
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