Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 206. 809 
Im übrigen bildet der Etat in der Regel nur eine Schranke, so 
daß die Regierung in der Lage ist, weniger Ausgaben zu machen, 
als der Etat festsetzt. Es kann jedoch die Einsetzung einer Aus- 
gabeposition in den Etat auch die Bedeutung haben, daß der 
Regierung dadurch die Verpflichtung auferlegt wird, die betreffende 
Ausgabe zu machen. Welcher dieser beiden Fälle vorliegt, ist 
eine Auslegungsfrage, die nach Maßgabe des einzelnen Falles 
entschieden werden muß®. Übertragungen, d. h. Verwendungen 
solcher Summen, welche bei einer Etatposition oder in einer 
Etatsperiode erspart sind, für die Zwecke einer andern Position 
oder in einer späteren Etatsperiode, sind nur zulässig, wenn 
die Übertragbarkeit durch Gesetz oder Etat ausdrücklich ausge- 
sprochen ist*. 
Die Festsetzungen des Etats sind nur maßgebend für das 
VerhältnisderRegierungzurVolksvertretung. Rechts- 
ansprüche Dritter auf vermögensrechtliche Zuwendungen werden 
durch den Etat nicht begründet. Auch wenn die Einstellung einer 
Ausgabeposition in den Etat nicht bloß die Ermächtigung, sondern 
die Verpflichtung der Regierung bedeuten soll, die betreffende 
Ausgabe zu leisten, so besteht doch diese Verpflichtung lediglich 
dem Landtage, nicht auch derjenigen Person gegenüber, für welche 
die Zuwendung bestimmt ist?., 
Dem Landtage steht die Befugnis zu, die Staatsrechnungen 
zu prüfen®. Die Prüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die 
Finanzverwaltung nach Maßgabe der Gesetze und des Etats ge- 
führt worden ist. In Ausübung seines Prüfungsrechtes hat der 
Landtag Abweichungen vom Etat zu genehmigen und die Ent- 
® And. Ansicht: Laband 4 544, 545, welcher annimmt, daß die Regierung 
staatsrechtlich durch den Etat immer nur ermächtigt, nicht verpflichtet 
werde. Regelmäßig wird dies allerdings der Fall sein, aber die Möglich- 
keit einer anderweiten Bedeutung der etatsmäßigen Festsetzung ist doch 
nicht völlig ausgeschlossen. . 
* Preuß. G. vom 11. Mai 1898 8 44 (eine allgemeine Festlegung des 
im Text bezeichneten Grundsatzes enthält diese Vorschrift nicht; vgl. 
Schwarz, Formelle Finanzverwaltung in Preußen und im Reich 74), Sachs. 
@. vom 1. Juli 1904. 83 5ff., Bad. G. vom 24. Juli 1888 Art. 18, Hess. G. 
vom 14. Juni 1879 Art. 4, S.-Mein. G. vom 9. Juli 1879 Art. 11. 
5 Daß durch den Etat Privatrechte und Privatpflichten weder begründet 
noch aufgehoben werden, ist ausdrücklich ausgesprochen im preuß, . vom 
11. Mai 1898 8 8 und ım Sächs. G. vom 1. Juli 1904, 9. Vgl. auch 
O. Mayer, Sächs, Staatsr. 200, Rehm, Staatsl. 299, [Dieser Satz ist übrigens, 
wie Laband 4 584 gegen Arndt mit Recht hervorhebt,. von jeher als richtig 
anerkannt worden. Sicherlich hat ihn Arndt nicht erst entdeckt.) 
“  e Preuß. Verf. Art. 104, Bayr. Verf. Tit. VII 5 10, Verfassungs- 
verständnis von 1843 $$ V u. VI, Württ. Verf. 118 Bad. Verf, 855, Hess. 
Verf. Art. 68, S.-Weim. RGG 8 4, S.-Mein. G 5 47 u. 81, S.-Kob.-Gotha 
StGG 122 u. 124, Braunschw. NLO S 188, Old. StGG Art. 196, Anh. 
LO 8 31, Schw.-Sondersh. LGG 76—78, Schw.-Rud. G. vom 22. März 
1861 5 8, Reuß &. L. Verf. $ 7], Keuß j. L. StGG \ 60, V. vom 15. März 
1860 $ 1, Schaumb.-Lipp. Verf. Art. 41, Wald. Verf. $ 91, Lüb, Verf. Art. 81, 
Hamb. Verf. Art. 68. 
Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. III. 7. Aufl. 58
	        
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