80 Erster Teil. Erstes Buch. $ 23.
wieder hergestellt!!, So gab es nunmehr 9 Kurfürsten. Diese ver-
minderten sich jedoch wieder auf 8, als im Jahre 1777 die Wittels-
bacher in Bayern ausstarben und mit dem Übergang ihrer Länder
auf die pfälzische Linie beide Kurwürden wieder vereinigt
wurden ?, Den Vorsitz im Kurfürstenkollegium führte Kurmainz.
Die Kurfürsten waren die ersten Stände des Reiches, sie hatten
das Recht der Kaiserwahl und der Abfassung der Wahlkapitulation;
es stand ihnen die Mitwirkung bei Ausübung der kaiserlichen
iura reservata limitata zu. Die Kurfürsten befanden sich im Besitz
der Erzämter, d. h. sie bildeten bei feierlichen Gelegenheiten den
obersten Hofstaat des Kaisers. Der König von Böhmen war Erz-
schenk, der Pfalzgraf bei Rhein Erztruchseß, der Herzog von
Sachsen Erzmarschall und der Markgraf von Brandenburg Erz-
kämmerer des Reiches!®. Für die Pfalz wurde nach Wiederher-
stellung der pfälzischen Kur das Reichserzschatzmeisteramt ge-
schaffen, welches nach Errichtung der braunschweig-lüneburgischen
Kurstimme auch für dieses Haus in Aussicht genommen war, aber
wegen des Widerspruches von Kurpfalz erst nach Vereinigung
der bayrischen und pfälzischen Kurwürde definitiv auf dasselbe
überging. [Bis dahin führte Braunschweig-Lüneburg — seit
1708 — den Titel eines Reichserzbannerherrn]. Die Kurfürsten
übten jedoch in späterer Zeit die Erzämter selbst bei der Krönung
nicht mehr persönlich, sondern durch adlıge Vasallen aus, denen
sie dieselben lehnsweise als sogenannte Erbämter übertrugen.
Die drei geistlichen Kurfürsten hatten die drei Erzkanzler-
würden inne: Mainz für Germanien, Trier für Burgund, Köln für
talien.
2. Der Fürstenrat. Er zerfiel in eine geistliche und eine
weltliche Bank. In demselben wurden, nachdem das Stimm-
verhältnis sich genauer fixiert hatte!*, 100 Stimmen geführt:
94 Virilstimmen, (darunter 35 geistliche und 59 weltliche) und
6 Kuriatstimmen, d. h. Gesamtstimmen, zu welchen die im Fürsten-
rat vorhandenen Grafen und kleineren Prälaten vereinigt waren.
Die Kuriatstimmen wurden auch „Bänke“ genannt. Es bestanden
scchs solcher Bänke; vier Grafenbänke: die schwäbische, wetterau-
ische, fränkische und westfälische, und zwei Prälatenbänke: die
rheinische und schwäbische. Von diesen Stimmen waren 50
ıı Reichsgutachten vom 30. Juni 1708 (Neue Sammlg. 4 226 ff.; Zeumer,
Quellensammlung 470 ff. Kaiserliches Ratifikationsdekret vom 6. September
d. J. (Neue Sammig. 4 227 ff.); Zeumer, eod. 472 ff.
12 Diese Vereinigung im Fall des Aussterbens einer der beiden Linien
war bereits durch Instr. pac. Osnabr. Art. IV $ 9 festgesetzt worden.
18 &. B. Cap. IV sh
14 D.h. seit dem Westf. Frieden, insbesondere seit 1632, Vgl. Schroeder,
R.Gesch. 840 und Anm, 5. Im Text ist die Stimmenzahl und -verteilung
des Reichsfürstenrates so angegeben, wie sie seit 1653 bis zum Ausbruc
der französischen Revolutionskriege und der durch sie herbeigeführten Um-
wälzungen am Ende des 18. Jahrhunderts bestand.
16 Ein Verzeichnis der Stimmen bei H. Schultze, Einleitung $ 79 Anm.