Die Funktionen. 8 206. 901
einem Ausschuß des Landtages unter Zuziehung von Beamten des
Finanzministeriums vorgenommen !*,
Eine besondere parlamentarische Kontrolle durch eine speziell
zu diesem Zwecke erwählte Kommission findet häufig hinsichtlich
der Staatsschuldenverwaltung statt!®. In einzelnen Staaten
ist sogar die ganze Verwaltung der Staatsschuld in die Hände des
zember 1824 geregelt. Zur Zeit des absoluten Staates ein bloßes Organ des
Königs, sollte sie nach Erlaß der Verfassung auch dazu dienen, die ver-
fassungsmäßige Kontrolle des Landtages über die Staatsrechnungen zu unter-
stützen und vorzubereiten. Da aber das im Art. 104 in Aussicht gestellte
Gesetz zunächst nicht zustande kam, so blieb im wesentlichen der alte Zu-
stand bestehen. Erst am 27. März 1872 ist das Gesetz, betr. die Einrichtung
und die Befugnisse der Oberrechnungskammer, erlassen worden. Nach dem-
selben besitzt die Oberrechnungskammer eine von der zeitigen Ministerial-
verwaltung durchaus unabhängige Stellung. Die Mitglieder derselben stehen
hinsichtlich ihrer rechtlichen Verhältnisse den richterlichen Beamten gleich
und dürfen nicht Mitglieder des Landtages sein. Die dem Landtage mit-
zuteilenden Bemerkungen beziehen sich sowohl auf die Übereinstimmung
der allgemeinen Staatsrechnung mit den speziellen Kassenrechnungen als
auf die Abweichungen der Finanzverwaltung von den einzelnen Positionen
des Etats, sowie darauf, ob und welche Etatsüberschreitungen (oben Anm. 8)
stattgefunden haben. Der Geschäftsgang bei der Oberrechnungskammer ist
durch ein Regulativ vom 22. September 1872 geregelt. Vgl. v. Rönne,
Preuß. Staatsrecht (4. Aufl.) 1 648 ff, v. Roenne-Zorn a. a. O0. 8 144 ff.;
Schwarz a. a. O. 129. und im WStVR 8 488 ff.; E. Meier, Art. „Oberrech-
nungskammer“ in v. Holtzendorfis Rechtslexikon 2 928ff. — In ähnlicher
Weise sind die Verhältnisse der Oberrechnungskammer in Sachsen durch
G. vom 30. Juni 1904, Baden durch G. vom 25. Aug. 1876 und 29. Jan.
1882 und V. vom 14. Dez. 1878, der Oberrechnungskammer in Hessen durch
G. vom 14. Juni 1879 und V. vom 9. Nov. 1881 und der Revisionsbehörde
in 8.-Meiningen durch G. vom 9. Juli 1879 Art. 19—27 geregelt worden.
[B Bayern und Württemberg dient die oberste Rechnungsbehörde
ayern: „Oberster Rechnungshof“, Württemberg: „Oberrechnungskammer‘“)
nur der administrativen, nicht der parlamentarischen Kontrolle der Finanz-
verwaltung. Doch wird in Bayern seit 1910 dem Landtage ein vom Obersten
Rechnungshof verfaßter „Rechenschaftsbericht“ vorgelegt, um dem Land-
tage die Kontrolle über die Budgetmäßigkeit der Finanzverwaltung zu er-
leichtern. Vgl. v. Seydel-Graßmann a. a. O. 124, 132 ff. Der bayer. Oberste
Rechnungshof ist in seinen Entscheidungen von der Staatsfinanzverwaltung
unabhängig (v. Seydel-Graßmann 133). Anders die württemb. Oberrechnungs-
kammer, welche eine dem Finanzministerium untergeordnete Verwaltungs-
mittelstelle ist. „Eine von der Verwaltung unabhängige Kontrolle des ge-
samten Staatsrechnungswesens durch einen mit verfassungsmäßiger Garantie
richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Rechnungshof kennt das württ.
Recht nicht“ (Göz, Württ. StR 260). Vgl. im allgemeinen noch Vocke, Art.
Rechnungskontrolle und Rechnungshof im Handwörterb. d. Staatswissen-
schaften, sowie Schwarz, im WStVR 8 488 f.].
ı2 8,.Weim. RGG $ 44, Braunschw. NLO $ 189, Schw.-Sondh. LGG
1,7678, Schw.-Rud. G. vom 22..März 1861 $3, Reuß j. L. V. vom 15. März
18 Preuß, G., betr. die Verwaltung des Staatsschuldenwesens, vom
24. Febr. 1850, Abänderungs esetze vom 29. Jan. 1879 und 13. Febr. 1884,
Bayr. Verf. Tit. VII S1,.17 6, G., betr. den Geschäftsgang des Landtages,
vom 19. Jan. 1872 83 385 u. 86, Bad. G. über die Verfassung und Verwal-
kung der Amortisationskasse vom 31. Dez. 1831 Abänderung durch G. vom
22. Juni 1887, Hess. G., die Organisation der Verwaltung er Staatsschuld
betr. vom 81. März 1897. sg*