Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

914 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 208a. 
Die verzinsliche Schuld ist teils schwebende Schuld, welche in 
Gestalt von Schatzanweisungen auftritt, teils fundierte Schuld. Die 
Verwaltung der Reichsschuld ist der preußischen Hauptverwaltung 
der Staatsschulden [unter der Bezeichnung: „Reichsschulden- 
verwaltung“] übertragen. [Die obere Leitung steht dem Reichs- 
kanzler zu, soweit dies mit der der Reichsschuldenverwaltung bei- 
gelegten Unabhängigkeit °? vereinbar ist.] 
S 2082. 
[Soweit die aus den Überschüssen der Vorjahre, aus den 
Zöllen und Steuern, sowie aus sonstigen Quellen fließenden un- 
mittelbaren Einnahmen des Reiches nicht zur Bestreitung der 
gemeinschaftlichen Ausgaben reichen, sind die Fehlbeträge durch 
Beiträge der Einzelstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung auf- 
zubringen, die in Höhe des budgetmäßigen Betrages durch den 
Reichskanzler ausgeschrieben werden!. Dieses, dem Staatsrecht 
des alten Reiches und des Deutschen Bundes entlehnte System 
der Matrikularbeiträge? war indessen zunächst nur als eine 
vorübergehende Einrichtung gedacht, nämlich „solange Reichs- 
steuern nicht eingeführt sind“, wobei die Absicht dahin ging, mit 
dem Ausbau der gemeinschaftlichen Angelegenheiten, also der 
Übernahme seither von den Einzelstaaten besorgter staatlicher 
Angelegenheiten gleichzeitig bisher von den Einzelstaaten erhobene, 
insbesondere sog. direkte Steuern auf das Reich zu übertragen. 
Da im ..Reich der gleiche budgetrechtliche Grundsatz gilt wie in 
Preußen, der nämlich, daß die Steuern nicht auf Grund des Etats, 
sondern unmittelbar auf Grund der Steuergesetze erhoben werden $, 
hätte die Durchführung dieses Programms die völlige Loslösuug 
der Reichsfinanzwirtschaft von derjenigen der Einzelstasten zur 
Folge gehabt, die Matrikularbeiträge wären also über kurz oder 
lang in Wegfall gekommen. Damit hätte sich indessen- die mittel- 
bare Wirkung verknüpft, daß die einzelstaatlichen Finanzverwal- 
tungen in zunehmendem Maße zugunsten des Reiches mediatisiert 
und die Einzelstaaten gleichzeitig mehr und mehr Kommunal- 
verbänden des Reiches angenähert worden wären. Im Budgetrecht 
des Reiches aber hätte sich eine Verschiebung nach der Richtung 
ergeben, daß dem Reichstag die Disposition über den einzigen 
„beweglichen“ Faktor auf der Einnahmeseite des Reichsetats ent- 
zogen worden wäre: solange der ungedeckte Fehlbetrag des Reiches 
auf die Einzelstaaten umzulegen ist, kommt dem Reichstag eine 
ähnliche Disposition zu, wie den einzelstaatlichen Landtagen nach 
50 Vgl, Reichsschuldenordnung 8$ 9, 10. 
1 RYy Art. 70. 
? Vgl. zum Folgenden die oben S. 906 Anm. 1 u. S, 909 Anm. 12 zit. 
Schriften von Laband, Gerloff u. Waldecker. 
. oben as. „ unten 8 209 S. 920. 
8 Vgl. oben 8 204a S. 885 ff. 5 S
	        
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