Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen.. $ 209. 919 
der auswärtigen Verwaltung, die Beiträge Elsaß-Lothringens zu 
den Kosten des Reichsschatzamtes und des Rechnungshofes. Da 
die betreffenden Beiträge nicht kraft der bloßen Mitgliedschaft, 
sondern als Ausgleich für Leistungen des Reiches bezahlt werden, 
80 ähneln sie nicht wie die Matrikularbeiträge den Steuern, 
sondern mehr den Gebühren.] 
& 209. 
1. Die Bestimmungen der Reichsverfassung über die Auf- 
stellung des Reichshaushaltsetats! schließen sich eng an die 
hbezüglichen Vorschriften der preußischen Verfassung an. Nach 
denselben müssen alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches auf 
den Reichshaushaltsetat gebracht werden und letzterer wird vor 
Beginn des Etatsjahres durch ein Gesetz festgestellt*. Die Etats- 
periode des Reiches ist, wie das Wort Etatsjahr außer Zweifel 
stellt, eine einjährige. Es muß daher die Aufstellung der Etats 
für ınehrere Jahre in demselben Gesetz für verfassungsmäßig un- 
zulässig erachtet werden®, Die Feststellung des Etats erfolgt in 
den Formen der Gesetzgebung; es ist dazu ein übereinstimmender 
Beschluß des Bundesrates* und des Reichstages erforderlich und 
der so festgestellte, vom Kaiser als Gesetz ausgefertigte Etat wird 
durch das Reichsgesetzblatt verkündigt. Ihrem materiellen Inhalte 
nach hat die Aufstellung des Etats auch im Reiche den Charakter 
ı Vgl. die 8 204 S. 878, 879 N. 1 zitierten Schriften; G. Beseler, Das 
Reichsmilitärgesetz und das Budgetrecht, Preußische Jahrbücher 88 589 ff. 
3 RVerf Art. 69. 
® Vgl. auch Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches 4 525; 526; 
Zorn, Staatsrecht 1 446; v. Rönne, Staatsrecht des Deutschen Reiches 2 
Abt. I $ 88 S. 148; H. Schulze, Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes 2 
8 806 S. 182; Arndt, Kommentar zur Reichsverf., zu Art. 69 Nr. 2, Ds- 
gegen ist die Aufstellung zweier Etats während derselben Sitzungsperiode 
r zulässig zu erachten, sofern sie durch zwei besondere Gesetze erfolgt 
(Laband 4 527, 528). Eine solche hat in der Tat auch in der Reichstags- 
session von 1882—88 stattgefunden. v. Kirchenheim, Lehrbuch des dent- 
schen Staatsrechtes 417, hält sogar dies für unzulässig, Aber die Sitzungs- 
riode bat mit der Frage der jährlichen Etatsfeststellung gar nichts zu tun, 
a ‘sich eine Sitzungsperiode infolge wiederholter Vertagung auch über 
mehrere Jahre erstrecken kann. Über die Verfassungsmäßigkeit mehrjähriger 
Etatsperioden vgl. auch die Verhandlungen in den Reichstagssitzungen vom 
7. 9. und 11. Dez. 1882 (Sten. Ber. 1 659 ff.) 
4 Auf die Beschlußfassung im Bundesrat findet die Bestimmung des 
Art. 5 Abs. 2 der RVerf über Widerspruch des Präsidiums bei Aufrecht- 
erhaltung bestehender Einrichtungen Anwendung, soweit es sich um Militär- 
wesen, Kriegsmarine, Zölle und Verbrauchssteuern handelt. Dagegen bezieht 
sich die Vorschrift des Art. 7 Abs. 4, daß bei Beschlußfassung über eine 
Angelegenheit, welche nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, nur 
die Stimmen derjenigen Bundesstaaten gezählt werden, welchen die An- 
gelegenheit gemeinschaftlich ist, nicht auf die einzelnen Positionen des Etats, 
bei welchen bestimmte Staaten nicht beteiligt sind. Denn der gesamte Etat 
muß als ein einheitliches Ganzes behandelt werden. Vgl. Laband 4 525; 
v. Rönne, Staatsrecht des Deutschen Reiches 2 Abt. 1 $88 8.145. Anderer 
Ansicht: Arndt, Reichsstaatsrecht 415.
	        
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