Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. 8 209. 921 
des Reiches sind (beispielsweise) die Zinsen der Reichsschuld, 
die Ausgaben für alle Anstalten und Behörden des Reiches, welche 
auf gesetzlicher Anordnung beruhen und für alle Beamten, welche 
einen Rechtsanspruch auf den Bezug ihrer Besoldung erworben 
haben, Neue Behörden, mit denen ein Kostenaufwand verbunden 
ist, dürfen nur mit Genehmigung von Bundesrat und Reichstag 
errichtet werden®. Die Bewilligung der beweglichen Ausgaben 
erfolgt in der Regel auf ein Jahr, kann jedoch auch auf längere 
Zeit erfolgen?., 
Die Ausgaben für das Landheer waren ursprünglich in 
der Form eines Pauschquantums bewilligt. Art. 62 der Verfassung 
geschlossener Veräußerungsvertrag, solange ihm die Zustimmung fehle, privat- 
rechtlich ungültig sei (Laband in der JW 89 915 ff., 996, 997). Endlich wurde 
von Anschütz ( 89 990 ff.) und Arndt („Tag“, 1910 Nr. 262, vgl. auch 
Arndt, Reichsstaatsr. 408) dargelegt, daß Laband nur in der Frage der 
staatsrechtlichen Zulässigkeit, nicht aber in der der privatrechtlichen 
Gültigkeit Recht habe, daß also ein von dem zuständigen Vertreter des 
Reichafiskus abgeschlossener Verkauf von Reichsgut dem Käufer gegenüber 
gültig bleibt, auch wenn er die erforderliche Genehmigung der gesetz- 
NIE ‚ aktoren nicht erhält (ebenso v. Romeick in em ots Beitr. 58 
Die Bewilligungsbedürftigkeit der Einnahmen aus der Veräußerung 
von Reichsgut beruht auf dem RGes. über die Rechtsverhältnisse der zum 
dienstlichen Gebrauch einer Reichsverwaltung bestimmten Gegenständ 
vom 25. Mai 1873, $ 10 Satz 2. Dort ist vorgeschrieben, daß alle über- un 
außeretatmäßigen Einnahmen aus der Veräußerung von Gegenständen, welche 
sich im Besitz den Reichsverwaltung befinden, „jedesmal spätestens in dem 
auf das Etatsjahr folgenden zweiten Jahre dem Bundesrat und Reichstag 
zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen“ sind. Daß es diese Bestimmung 
und nicht (wie Laband 4 Irriger Weise annimmt) $ 10 Satz 1 des Ges, 
vom 25. Mai 1873 ist, welche die Bewilligungsbedürftigkeit ausspricht, ist 
von Anschütz a. a, Ö. 992ff. an der Hand der Entste ungsgeschichte ein- 
gehend dargetan worden. Die Bewilligungsbedürftigkeit erstreckt sich auf 
alle „im Besitz der Reichsverwaltung befindlichen Gegenstände“, unbeweg- 
liche wie bewegliche, ohne Unterschied, ob sie finanzwissenschaftlich als 
„Finanz-“ oder als „Verwaltungs“vermögen aufzufassen sind, ein Uhnter- 
schied, welcher insoweit, wie dem Landesstaatsrecht (oben $ 205 S. 895 
Anm. a), so auch dem Reichsstaatsrecht fremd ist (rel. Anschütz a. a. O. 992). 
Die Bewilligung ist, soweit möglich, vor Abschluß des betreffenden 
Veräußerungsgeschäfts einzuholen, denn Bundesrat und Reichstag können, 
analog wie bei Staatsverträgen, die ihrer Zustimmung unterliegen (oben 
8 190 S. 818, 819) verlangen, nicht erst vor die bereits vollzogene Tat 
sache des Vertragsabschlusses gestellt und damit in eine Zwangslage ver- 
setzt zu werden. Ist aber, was vorkommen kann, die vorgängige Ge- 
nehmigung unmöglich oder untunlich (unvorhergesehener Eintritt einer 
günstigen Verkaufsgelegenheit während der Reichstag nicht versammelt ist), 
so ist die Bewilligung gemäß $ 10 Satz 2 a. a. O. nachträglich einzuholen 
und die Verzögerung zu begründen, 
Darüber, daß die Versagung der im 8 10 Satz 2 erforderten Genehmigung 
lediglich eine Verantwortlichkeit der Reichsleitung gegenüber Reichstag 
und Bundesrat begründet, die privatrechtliche Gültigkeit des Veräußerungs- 
geschäfte jedoch nicht irritiert, vgl. Anschütz a. a, O. 994 ff,, v. Romeick 
.1 
2.8. 
8 Oben $ 165 S. 705, 706. Die Errichtung selbst steht dem Kaiser zu, 
% RVerf Art. 71.
	        
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