Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

992 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 209. 
des Norddeutschen Bundes stellte dem Bundesfeldherrn bis zum 
81. Dezember 1871 jährlich sovielmal 225 Taler zur- Verfügung, 
als die Kopfzahl der Friedenspräsenzstärke betrug. Der Anspru 
auf diese Einnahme sollte auch nach dem 31. Dezember 1871 
fortdauern und zu diesem Zwecke die interimistisch festgestellte 
Friedenspräsenzstärke solange beibehalten werden, bis sie durch 
ein Reichsgesetz abgeändert war, die Verausgabung aber nach 
Ablauf dieser Zeit einer budgetmäßigen Feststellung unterliegen. 
Nach dem 31. Dezember 1871 wurde jedoch ein neues jährliches 
Pauschquantum von 90373275 Talern bis zum 31. Dezember 
1874 bewilligt!. Erst seit 1875 erfolgt eine jährliche Fest- 
stellung des Militäretats, deren Grundlage die gesetzlich fest- 
gestellte Friedenspräsenzstärke bildet. Der fortdauernde Anspruch 
auf den Bezug bestimmter Einnahmen hat aufgehört, seitdem an 
die Stelle des Pauschquantums die jährliche Veranschlagung ge- 
treten ist}, 
Ein spezialisierter Reichsetat der Militärverwaltun 
wird jedoch nur für das preußische, sächsische un 
württembergische Kontingent aufgestellt. Die Verausgabung 
der für die einzelnen Kontingente ausgeworfenen Summen ist den 
Kontingentsverwaltungen überlassen. Ersparnisse, welche dabei 
gemacht werden, fallen nicht der Landesregierung, sondern der 
Reichskasse zu!®,. Die Württemberg durch die Militärkonvention 
gemachte Zusicherung, daß alle Ersparnisse, welche unter völliger 
Erfüllung der Bundespflichten als Ergebnisse obwaltender be- 
sonderer Verhältnisse möglich würden, der Landeskasse verbleiben 
sollten, hatte mit dem Aufhören des Pauschquantums ihre Be- 
rochtigung verloren; der Anspruch auf Einbehaltung der Ersparnisse 
ist daher von Württemberg tatsächlich aufgegeben worden !?, — 
10 RG, betr. die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres und die 
Ausgaben für die Verwaltung desselben für die Jahre 1872, 1873 und 1874, 
vom 9. Dez. 1871. | 
11 Art, 62 Abs. 2 RV gilt also nicht mehr. Übereinstimmend v. Seydel, 
Komm. 341 ff.; Zorn, StR 1 822, 2 536 ff.; Gümbel a. a. O. 172 (Art. 62 Abs. 2 
sei aufgehoben durch das Ges. vom 9. Dez. 1871, oben N. 10); v. Roenne, 
Staatsr. des Deutschen Reiches II 1, 155, 177 (desgl. durch das Reichsmilitär- 
es. v. 1874). Dagegen halten Laband, AnnDR 1878 551, StR 4 95 ff. und 
udichum, Verfass.R 416 ff., Jahrbuch 1 41 den Art. 62 Abs. 2 für noch 
fortgeltend. Ihnen stimmen zu: H, Schulze, Lehrb. des deutschen StR 2 
280; Preuß, Friedenspräsenzstärke und Reichsverfassung 57 ff.; Arndt, Kom. 
mentar zu Art. 62 Nr. 2, Reichsstaatsrecht 515, 516; Dambitsch, Komm. z, 
RV 59, 596; Sartorius im ArchÜffR 80 93ff. Nach der Meinung von 
v. Savigny im ArchÜOffR 8 254 findet Art, 62 Abs. 2 Anwendung, solange 
eine reichsgesetzlich festgestellte Friedenspräsenzstärke vorhanden ist. Vgl. 
auch die Verhandlungen in den Reichstagssitzungen vom 12. u. 14. April 
1874, namentlich die Außerungen der Abgeordneten v. Bennigsen (Sten. 
Ber. 755) und v. Mallinkrodt (a. a. O. 786), sowie des Staatsministers Del- 
brück (e. a. O. 788). 
18 RVerf Art. 67. 
132 Vgl. Haenel, Deutsches Staatsrecht 1 516 N. 11. [A. M. Jehle, Die 
Ersparnisse im württemb. Militäretat, ArchÖffR 17 267 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.