Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. 8 209. 023 
‚Bayern hat die Verpflichtung, für sein Kontingent einen gleichen 
Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verhältnis der Kopfstärke 
durch den Reichsmilitäretat für die übrigen Teile des Reichs- 
heeres ausgesetzt ist. Dieser Geldbetrag wird im Reichsbudget 
für das bayerische Kontingent in einer Summe ausgeworfen. 
Die Aufstellung der Spezialetats bleibt Bayern überlassen, doch 
müssen dabei im allgemeinen die Ansätze des Reichshaushaltsetats 
als Richtschnur dienen !%. Die Frage, ob bei dieser Aufstellung eine 
Mitwirkung des bayerischen Landtages stattfinden muß, ist zu ver- 
neinen, da letzterer nach Maßgabe der bayerischen Verfassung kein 
vollständiges Budgetrecht, sondern nur ein Steuerbewilligungsrecht 
besitzt und die Ausgaben seiner Prüfung nur insoweit unterliegen, 
als dies für die Bewilligung der Einnahmen erforderlich ist. De, 
gegen "hat die bayerische Regierung die Verpflichtung, über die 
Verwendung der für das Militär ausgeworfenen Gelder dem Land- 
tag Nachweisung zu liefern!®, Tatsächlich wird jedoch der Land- 
tag auch bei der Aufstellung des Etats beteiligt. Ersparnisse am 
Militäretat fallen wegen der völligen Selbständigkeit'des bayerischen 
Militär- und Militärfinanzwesens Bayern zu!®, 
Die Verfügung über den Reichskriegsschatz erfolgt 
durch Anordnungen des Kaisers zum Zweck der Mobilmachung 
mit vorgängiger oder nachträglicher Zustimmung von Bundesrat 
und Reichstag. Im Falle der Verminderung wird der Reichs- 
kriegsschatz ergänzt: a) durch Zuführung aller außeretatsmäßigen 
Einnahmen, b) im übrigen nach Bestimmung des Reichshaushalts- 
etats "", 
Die Aufnahme von Anleihen und Übernahme von 
Garantien zu Lasten des Reiches kann nur „im Wege der 
Reichsgesetzgebung“, d. h. auf Grund eines übereinstimmenden 
Beschlusses von Bundesrat und Reichstag erfolgen!®. Dasselbe 
gilt für die Begründung schwebender Reichsschulden durch Aus- 
gabe von Schatzanweisungen durch den Reichskanzler !?, 
2. Bundesrat und Reichstag haben das Recht der Kontrolle 
14 Bündnisvertrag mit Bayern vom 28. Nov. 1870 Nr. HI 8 5, II. 
15 Seydel, Kommentar zu Art. 61 Nr. V, Bayer. Staatsrecht 2. 722; 
Seydel-Graßmann 2 620; Riedel zu Art, 62, 1a; Poezl, Beyer: Verfassungs- 
recht, 4. Aufl., Supplement $ 44; Gümbel, AnnDR 1899 1%. Gegen Seydel: 
Rehm, AnnDR 11 792, 7983. 
16€ Auerbach zu Art. 67; Blankenburg im Jahrbuch für Gesetzgebung usw. 
des Deutschen Reiches 1 894; Poezl a. a, O.; Seydel, Kommentar zu Art. 62 
Nr. V, AnnDR 1875 1058; Seydel-Graßmann, Bayer. Staatsrecht 2 617, 618; 
Laband 4 56, 57; H. Schulze, Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes 2 154; 
Brockhaus, Das deutsche Heer 144; Gümbel a. a. O. 191. — And. Ansicht: 
Thudichum, Jahrbuch 2 116; v. Rönne, Staatsrecht des Deutschen Reiches 
2 Abt. 2 8 107 S. 119. 
17T RG, betr. die Bildung eines Reichskriegsschatzes, vom 11. Nov. 1871. 
18 RVerf Art. 73. | 
19 Reichsschuldenordnung vom 19. März 1900 8 1; RG vom 22. Febr. 
1904, Art. 1.
	        
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