Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des alten deutschen Reiches. $ 24. 83 
wieder hergestellt, da sie mit der Permanenz des Reichstages ihre 
Bedeutung verloren hatte. Seit dieser Zeit gab es nur außer- 
ordentliche Reichsdeputationen, welche vom Reichstage 
zur Erledigung spezieller Geschäfte eingesetzt wurden. 
4. Die Rechtspflege des Beiches. 
8 24. 
Als oberster Richter im Reiche und Quelle aller Gerichts- 
barkeit erschien der König. Die Ausübung derselben übertrug 
er Richtern in den einzelnen Teilen des Reiches, ursprünglich den 
Grafen, später den Landesherren. Er behielt jedoch konkurrierende 
Jurisdiktion mit diesen, so daß er überall an ihrer Stelle zu Ge- 
richt sitzen konnte. Wohin er im Reiche kam, wurde ihm das 
Gericht ledig!. Über Leib und Lehen der Fürsten durfte nur der 
König richten®. Durch den Mainzer Landfrieden von 1235° wurde 
ein ständiger Hofrichter (iudex oder iustitiarius curiac) ein- 
gesetzt, welcher dem königlichen Hofe folgen und an Stelle des 
Königs zu Gericht sitzen sollte. Doch blieb für die erwähnten 
Angelegenheiten der Fürsten die persönliche Gerichtsbarkeit des 
Königs vorbehalten, so daß darüber nur unter seinem eigenen 
Vorsitze oder unter dem eines Stellvertreters, der für den speziellen 
Fall ernannt war, geurteilt werden konnte. Da seit Ende des 
dreizehnten Jahrhunderts die Könige sich gewöhnlich in ihren Erb- 
landen aufbielten und die übrigen Gebiete des Reiches nur selten 
besuchten, so konnte das an die persönliche Residenz des Königs 
gebundene Hofgericht eine erhebliche Tätigkeit nicht entwickeln. 
Seit dem Jahre 1450 verschwindet es vollständig. Dagegen er- 
scheint seit 1415 das königliche Kammergericht, welches 
tatsächlich an die Stelle des Hofgerichtes tritt, entstanden aus der 
persönlichen Jurisdiktion, welche der König mit Hofmeister und 
Räten ausübte®, 
Nachdem die Landeshoheit zur Ausbildung gelangt war, nahmen 
die Gerichte in den Territorien den Charakter landesherrlicher 
Gerichte an. Nur in einzelnen Teilen des Reiches erhielten 
sich Reichsgerichte. Die konkurrierende Gerichtsbarkeit des könig- 
lichen Gerichtes mit den Landesgerichten blieb bestehen. Von den 
ı S. Sp. III, 60, 2. Schw. Sp. 133 (L.). 
2 S. Sp. III, 55, 1. Schw. SP: 138. 
8 Mainz. Landfr. $ 15 (Mon. Germ. ed, Pertz 313, 551). [In der Zeumer- 
schen Rekonstruktion des deutschen Urtextes des Mainzer Landfriedens 
(Zeumer, Quellensammlung 8x) erscheint die betreffende Bestimmung als 
c. 31 (lateinische Fassung) a. a. O. 76: c. 28).] 
* Loening im Verw.Arch. 2 217 fl. 
s Franklin, Das Reichshofgericht im Mittelalter, 2 Bde., Weimar 1867 
u. 1869; Franklin, Sententiae curiae regiß, Hannover 1870; Franklin, Das 
königl. Kammergericht, Berlin 1871; Vogel, Beiträge zur Geschichte des 
deutschen Reichshofgerichtes, ZRG(G.) 2 151 ff.; G. Seeliger, Das deutsche 
Hofmeisteramt im späteren Mittelalter (Innsbruck 1885) 113 ff. 
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